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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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386 Uta Stolle<br />

fast ausnahmslos 39 negativ bewertet: hinsichtlich der primären Sozialisation,<br />

der Beeinflussung durch die Familie wird hier hingewiesen<br />

auf die Vernachlässigung der Kinder durch die mit dem Wiederaufbau<br />

beschäftigten Eltern 40 oder, und das vor allem, auf den Mangel<br />

an Autorität in Familie und Gesellschaft 41 , der vor allem auf die<br />

NS-Belastung oder die Arbeitsamkeit der Väter zurückgeführt wird.<br />

Nach dem allgemeinen Tenor geht also der Protest zurück auf eine<br />

Veränderung vor allem in der familiären Sozialisation, die begriffen<br />

wird als ein Übermaß an Freiheit der Erziehung, für das die Schuld<br />

der spezifischen historischen und nationalen Situation angelastet wird.<br />

Nachdem die Behauptung des prinzipiellen Widerspruchs zwischen<br />

familiärer Sozialisation und sozialer Umwelt, wie sie in der BRD<br />

Grundlage von Schelskys „Skeptischer Generation" gewesen war 42 ,<br />

abgelöst wurde durch die Einsicht in die Vorbereitungsfunktionen der<br />

familiären Motivationserziehung für eine durch Leistungs- und Konkurrenzprinzip<br />

charakterisierte Gesellschaft (Parsons), war die internationale<br />

Studentenrevolte für amerikanische Forscher Anlaß, nach<br />

übersehenen Diskontinuitäten zwischen familiären Erziehungspraktiken<br />

und Sozialstruktur zu suchen.<br />

So hebt Flacks 43 in bezug auf die Sozialstruktur die Trends des<br />

auch in Schule und Hochschule zunehmenden Leistungs- und Konkurrenzdrucks<br />

sowie die zunehmende Einengung von Berufsperspektiven<br />

auf Laufbahnen innerhalb bürokratischer Hierarchien hervor<br />

und kontrastiert diese mit der Durchsetzung neuer Sozialisationsmuster,<br />

die von upper-middle-class-Familien ausgehen, aber prinzipiell<br />

nicht auf diese beschränkt sind. Flacks kennzeichnet sie (1) durch<br />

39 Ein Autor läßt gelten, „daß nun Kinder heranwachsen..., denen<br />

in ihrer frühen Jugend das Rückgrat nicht gebrochen wurde..." (Leonhardt,<br />

S. 27).<br />

40 Ortlieb, S. 17, Schlaffke, S. 23, Leonhardt, S. 27.<br />

41 Klaus Harpprecht, Revolutions jähr 1968, Sendung des SFB, Reihe<br />

„Das Thema", Manuskript S. 41: „Wir haben ihnen, eben weil wir aus<br />

einer verstörten Generation stammen, keine Autorität zu bieten vermocht,<br />

nicht in der Familie, nicht in der Gesellschaft, nicht im Staat."<br />

42 So löst Schelsky das heutige „Studentenproblem" ungerührt durch<br />

den Hinweis auf das, was „wir bereits ... in unserer Analyse der deutschen<br />

Jugend ,Die skeptische Generation' festgestellt haben". Danach besteht der<br />

Gegensatz von Familie und einer „familienfremden, wenn nicht gar familienfeindlich<br />

strukturierten sozialen Umwelt" als „epochale Sozialstruktur"<br />

im Gegensatz von beständigen, intimen, personbezogenen Verhaltenserwartungen<br />

und -formen in der Familie und der auf Funktionalisierung,<br />

hohe Dynamik und soziale Mobilität ausgerichteten Gesamtgesellschaft"<br />

(in: Baier, S. 111).<br />

43 Richard Flacks, The liberated Generation: An Exploration of the<br />

Roots of Student Protest, in: J. soc. Issues, Bd. 23 (1967), H. 3, S. 52—75;<br />

Kenneth Keniston, Young Radicals, Notes on Committed Youth, New York<br />

1968, bestätigt Flacks durch die 1967 vorgenommene Untersuchung (6—8-<br />

stündige Interviews, Interaktionsbeobachtungen) von 17 führenden „Young<br />

Radicals", die er anhand des Flacksschen Ansatzes und eines modifizierten<br />

Adoleszenskrisentheorems (Erikson) interpretiert.

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