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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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288 Reinhard Opitz<br />

Ende (150) besonders hervorhebt, und desgleichen die Rechtfertigung<br />

der bestehenden Machtverhältnisse durch Beschwörung äußerer<br />

Feinde und der „nationalen Werte" tatsächlich nur beim <strong>Faschismus</strong><br />

und nicht vielmehr quer durch das ganze bürgerliche Lager hindurch<br />

feststellbar? Gilt das, was Kühnl in einem gesonderten Kapitel<br />

(123 ff.) der Springer-Presse nachweist und was er „charakteristisch<br />

für faschistische Denkformen" (123) nennt, nicht in ganz erheblichem<br />

Maße auch für eine stattliche Zahl von Politikern in den drei großen<br />

Parteien und für nahezu die gesamte gegenwärtige Führungsschicht<br />

der Wirtschaft? Ist bei uns in der Bundesrepublik derartiges nicht<br />

dem Ansatz nach in fast jeder zweiten offiziösen politischen Meinungsbekundung<br />

auffindbar? Sicher könnte man daraus die Konsequenz<br />

ziehen, eben von einer Faschisierung der gesamten Gesellschaft<br />

zu sprechen, aber dann landet man dort, wohin sich Kühnl ausdrücklich<br />

nicht begeben will, nämlich bei einem so weitgespannten<br />

<strong>Faschismus</strong>begriff, daß der Unterschied zwischen den Verhältnissen<br />

etwa der gegenwärtigen Bundesrepublik und solchen einer faschistischen<br />

Bundesrepublik begrifflich nicht mehr zu erfassen wäre.<br />

Kühnl widmet dem Problem der Abgrenzung von „konservativer"<br />

(sie! d. Verf.) und faschistischer, „gemäßigter" und „extremer" Rechter<br />

einen eigenen Abschnitt (151 ff.) und bezieht sich dabei auf die —<br />

weiß Gott — „formale Definition" Iring Fetschers, der als konservativ<br />

das Bestreben nach „Aufrechterhaltung eines in der Gegenwart<br />

noch existierenden politischen und sozialen Zustands", als rechtsradikal<br />

das Bestreben nach „Rückgängigmachen eines in dieser Gesellschaft<br />

bereits erreichten Zustands der politischen und sozialen<br />

Demokratisierung" verstanden wissen will. Demnach könnten Formierungsbestrebungen<br />

nur als rechtsradikal klassifiziert werden, womit<br />

die Aussicht, daß die Wechselbeziehungen zwischen Formierung<br />

und rechtem Radikalismus zum Gegenstand des Fragens gemacht<br />

würden, erlischt. Und Kühnls <strong>kritische</strong> Frage an Fetscher: „Werden<br />

die Kräfte, die den gerade bestehenden Grad an Demokratisierung<br />

bewahren wollen, nicht von der bürgerlich-liberalen Mitte repräsentiert?"<br />

(152) zeigt vollends, daß diejenigen Kräfte, die -durch die Bezeichnung<br />

„Mitte" abgedeckt sind, als mögliche aktive Quellen des<br />

Entdemokratisierungsprozesses nicht mit in den Blick treten werden.<br />

Das Theorem von der statischen Mitte, die deshalb Mitte ist, weil sie<br />

angeblich unbeweglich am jeweils erreichten Demokratisierungsgrad<br />

festhält (und damit für Fetscher dann allerdings schon konservativ<br />

ist), taucht den Zwang zur Eigendynamik, unter dem doch gerade<br />

auch diese Kräfte stehen, ins Dunkle und entzieht damit der Skala<br />

von Kräften, aus deren Zusammenwirken die Vorgeschichte faschistischer<br />

Machtergreifungen im engeren Sinne besteht, eine wichtige<br />

Komponente, die für die Erklärung des Umschlags in den <strong>Faschismus</strong><br />

unentbehrlich ist.<br />

Kühnl stellt die Frage nach diesem Umschlag richtig: „Es bleibt zu<br />

fragen, wieso ein faschistisches System die Interessen der sozialen<br />

Oberklassen, vor allem des großen Kapitals, vertreten kann, wenn<br />

die faschistische Bewegung ihrer sozialen Zusammensetzung nach

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