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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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262 Reinhard Kiïhril<br />

geht. So etwa, wenn er zwischen dem <strong>Faschismus</strong>, der „eine von allen<br />

Normen gelöste Politik treiben wollte, und Schacht, der, als ein Vertreter<br />

traditioneller Machtpolitik durch gewisse Normen gebunden,<br />

vor dem offenen Völkermord zurückschreckte" (210), einen grundlegenden<br />

Unterschied erkennen will. Als ob die „traditionelle Machtpolitik"<br />

der imperialistischen Mächte in den Kolonien je vor Völkermord<br />

zurückgeschreckt wäre! Oder wenn er davon redet, daß die<br />

Wirtschaftskrise Deutschland „heimgesucht" habe, als handle es sich<br />

um ein Naturereignis wie Erdbeben oder Sturmflut. Aber die <strong>kritische</strong>n<br />

Passagen, die teilweise auch für die faschismustheoretische<br />

<strong>Diskussion</strong> der Linken von Bedeutung sind, haben doch das Übergewicht.<br />

III.<br />

Während die Untersuchung von Hildebrand wertvolle Auskünfte<br />

über- das Verhältnis der ökonomischen Führungsgruppen zum <strong>Faschismus</strong><br />

gibt, befassen sich die beiden folgenden Bücher mit dem<br />

Verhalten der militärischen und einiger anderer gesellschaftlicher<br />

Führungsgruppen zum Dritten Reich. Manfred Messerschmidt, Wissenschaftlicher<br />

Oberrat am Militärgeschichtlichen Forschungsamt<br />

Freiburg, untersucht das Problem der „soldatischen Menschenführung"<br />

im Dritten Reich *. Das Buch entstand auf Initiative von General<br />

a. D. Graf Kielmansegg, der auch als Herausgeber fungiert und<br />

eine Einleitung verfaßte. In dieser Einleitung formuliert Kielmansegg<br />

zunächst einige Vorbehalte gegenüber dem Text Messerschmidts,<br />

die leicht als Mißtrauenserklärung an die Geschichtswissenschaft vornehmlich<br />

der jüngeren Generation zu identifizieren sind: „Jemand,<br />

der die Ereignisse nicht selbst miterlebt hat, der zeitgebundene Umstände,<br />

Atmosphäre, Personen nicht aus eigener Erfahrung kennt",<br />

müsse notwendigerweise „nicht in der Zeichnung aber in der Farbgebung<br />

unvollständig bleiben" (<strong>VI</strong>I). Mit der Autorität des Augenzeugen<br />

ausgestattet, entwickelt er dann in knappen Zügen die gesamte<br />

Rechtfertigungsideologie jener Gruppen der Oberklassen, die<br />

mit dem <strong>Faschismus</strong> spätestens 1933 ein Bündnis geschlossen, während<br />

des Dritten Reiches an der Macht und der Machtausübung partizipiert<br />

und sich nach 1945 als Verführte, als unschuldige Opfer deklariert<br />

haben: Versailles (kein Wort von den Ursachen: dem deutschen<br />

Imperialismus des Ersten Weltkrieges) — Arbeitslosigkeit<br />

(kein Wort über den Kapitalismus, der die Krise hervorbrachte) —<br />

Versagen der parlamentarischen Demokratie (kein Hinweis auf die<br />

ökonomischen Machtgruppen, die sie verwarfen, als sie ihren Interessen<br />

nicht mehr diente) einerseits — der Glaube an eine „echte<br />

soziale Revolution" 1933 — „Volksgemeinschaft" — „nationaler Sozialismus"<br />

(keine Reflexion darüber, woher alle diese Ideologien<br />

stammen und wem sie nützen) andererseits — das sind die Mark-<br />

* Messerschmidt, Manfred: Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit<br />

der Indoktrination. Mit einer Einführung von General a. D. Johann<br />

Adolf Graf Kielmansegg. R. v. Deckers Verlag, G. Schenck, Hamburg<br />

1969 (519 S., Ln., 38,50 DM).

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