Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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Soziale Bewegung und Politik 425<br />
mischen Erklärung des Imperialismus von Bord der bürgerlichen<br />
Wissenschaft geworfen wurde. Bekannt ist Hobson jedoch vor allem<br />
durch seinen Einfluß auf Lenins Imperialismustheorie. Als Untersuchungsobjekt<br />
bietet das Buch interessante Aufschlüsse über den<br />
Zusammenhang von Liberalismus und faschistischer Ideologie, ebenso<br />
liefert es Belege für die These, daß optimistische Systemaffirmationen<br />
und kulturpessimistische abstrakte Negation nur zwei Seiten<br />
derselben bürgerlichen Münze sind, treten doch hier noch beide Aspekte<br />
in einer Abhandlung auf.<br />
Unbestritten hat Hobson das Verdienst als erster — vor allen<br />
marxistischen Untersuchungen — den Imperialismus zum Gegenstand<br />
einer <strong>kritische</strong>n Analyse gemacht und die Frage nach seinen<br />
ökonomischen Wurzeln aufgeworfen zu haben. Hobsons Intention<br />
ist diktiert von seiner politischen Position: Als Intellektueller aus<br />
dem kleinbürgerlich-demokratischen Lager ist er beherrscht von der<br />
Vorstellung des friedlichen Wettstreits demokratischer Nationen zum<br />
Wohl und Fortschritt der „Weltzivilisation", auf einer Basis von parlamentarischer<br />
Demokratie im Innern, Freihandel und Völkerbund<br />
in den internationalen Beziehungen. Da der Imperialismus, als unfriedlich<br />
und „unvernünftig" für ihn in allem das Gegenteil ist, versucht<br />
er den Nachweis seiner Überflüssigkeit für das Funktionieren<br />
der kapitalistischen Gesellschaft. Gleichwohl leugnet er keineswegs<br />
eine ökonomische Wurzel des Imperialismus, die er weniger im<br />
Handel als vielmehr in der Möglichkeit des Kapitalexports sieht: das<br />
Einkommen aus Auslandsinvestitionen sei bereits fünfmal so hoch<br />
wie das aus dem Außenhandel (51 f.). Dies dient ihm als Basis, um<br />
herauszufinden, welche Kreise trotz der Unvernünftigkeit des Imperialismus<br />
„an sich" dennoch ein Interesse an ihm haben könnten.<br />
Neben Rüstungsindustriellen und deren Zulieferern, Großproduzenten<br />
bestimmter Exportwaren und dem Militär nennt er vor allem die<br />
Investoren, Finanziers und Banken, die er unter dem Namen der<br />
„Plutokratie" zusammenfaßt (74 f.). Da es für Hobson ausgemacht ist,<br />
daß es sich dabei um eine kleine Minderheit handelt (obwohl er an<br />
anderer Stelle bekennt, fast alle organisierten Kräfte des Kapitals<br />
seien am Imperialismus interessiert, 104), tritt für ihn das Problem<br />
in den Vordergrund, wie eine solche Gruppe zu Einfluß auf die staatliche<br />
Gesamtpolitik gelangen könne, wie sie es erreicht habe, „daß<br />
die moderne Außenpolitik Großbritanniens ein Kampf um gewinnbringende<br />
Investitionsmärkte ist" (73). An dieser Frage scheitert er;<br />
er flüchtet zu der Auskunft, eine „intelligente Laissez-faire-Demokratie,<br />
welche allen Wirtschaftsinteressen in ihrer Politik ein richtig<br />
zugemessenes Gewicht zubilligte" (73, Hervorh. U. M.), hätte dies<br />
verhindert: Imperialismus oder nicht wird so zur Frage der mentalen<br />
Qualität eines potentiell als vernünftiges Individuum mißverstandenen<br />
Staates. Garant solcher Vernunft sollte die „Volksregierung"<br />
sein, in Gestalt eines repräsentativen Parlaments. Im Kontext resignierter<br />
Anmerkungen über den Niedergang des Liberalismus<br />
(Hobson war selbst Mitglied der Liberalen Partei) trifft er dann<br />
durchaus das Richtige, wenn er feststellt, das Bürgertum sei Freund