Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
400 Besprechungen<br />
auch er für die Eigentumsmarktgesellschaft des 17.—19. Jahrhunderts<br />
eine Egalität, die sich in der Fähigkeit der einzelnen Individuen geäußert<br />
habe, „sich als gleich zu betrachten, und zwar in einer Hinsicht,<br />
die wichtiger ist als jede, in der sie ungleich sind" (305). Diese<br />
Integration durch das Bewußtsein „der offenkundig zwangsläufigen<br />
Unterwerfung eines jeden unter die Gesetze des Marktes" (305) zusammen<br />
mit dem durch das Zensuswahlrecht gesicherten Machtmonopol<br />
der „herrschenden Klasse" habe die Basis für eine verbindliche<br />
Theorie politischer Pflichten in der Eigentumsmarktgesellschaft gebildet.<br />
Mit der Erkämpfung des allgemeinen Wahlrechts durch das<br />
industrielle Proletariat sei einerseits das Machtmonopol einer Klasse<br />
gebrochen worden, andererseits betrachteten sich „die Menschen"<br />
nicht länger „als fundamental gleich in ihrem Unterworfensein unter<br />
die Gesetze des Marktes" (306). Zwar bestände die Eigentumsmarktgesellschaft<br />
noch, jedoch aufgrund der Differenz zwischen der ökonomischen<br />
Struktur und den Interessen der Mehrheit der Gesellschaft<br />
besitze sie keinerlei moralische Legitimation mehr, so „daß wir eine<br />
gültige Theorie politischer Pflichten heute in einer Eigentumsmarktgesellschaft<br />
nicht erwarten dürfen" (308). Hieraus folgert MacPherson<br />
nicht etwa die Notwendigkeit der Realisierung von materieller Egalität,<br />
sondern es geht ihm darum, „einen Ersatz für jenes Bewußtsein<br />
einer fundamentalen Gleichheit zu finden" (308). Wie bei Hobbes soll<br />
negative Egalität in der Form der Furcht aller vor dem Tod als Integrationsmittel<br />
fungieren, dieses Mal jedoch als eine Art technokratisch<br />
gewendeter Existentialienlehre, als fundamentale Gleichheit<br />
aller angesichts des drohenden Atomtodes. „Es mag für uns beruhigend<br />
sein", daß die Marktgesellschaft zuvor verschwinden muß, aber<br />
da die sozialen Klassen vom atomaren Blitz geblendet' zur Regungslosigkeit<br />
erstarrt sind, ist ihre Abschaffung nicht das Werk des revolutionären<br />
Kampfes, sondern die Marktgesellschaft wird „aufgegeben"<br />
aufgrund eines „Grades von Vernünftigkeit", „den man schon<br />
immer für jegliche moralische Theorie politischer Pflichten hat postulieren<br />
müssen. Ist dieser Grad von Vernünftigkeit gegeben, so wird<br />
das auf sein eigenes Interesse bedachte Individuum, was immer sein<br />
Besitz und seine Bindung an die Eigentumsmarktgesellschaft sein<br />
mögen, erkennen können, daß die Beziehungen der Marktgesellschaft<br />
aufgegeben werden müssen zugunsten der alles überragenden Forderung,<br />
daß (mit Overtons 1 Worten, die nun neue Bedeutung erhalten)<br />
,Menschliche Gesellschaft, das Zusammenleben oder Dasein der<br />
Menschen ... vor allen irdischen Dingen verteidigt werden muß!"'<br />
(309). Hans-Otto Riethus und Klaus Schulte (Berlin)<br />
Euchner, Walter: Naturrecht und Politik bei John<br />
Locke. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt/M. 1969 (319 S.,<br />
brosch., 22,— DM/Ln., 30,— DM).<br />
1 Richard Overton, Pamphletist der Levellers (£L 1642—1663).