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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Das Problem der sozialen Funktion 257<br />

durch die ökonomische Entwicklung strukturell bedroht bleiben, reproduzieren<br />

sich daneben auch immer wieder — in jeder auch nur<br />

geringen Rezession erheblich verstärkt — Ansätze faschistischer Bewegungen<br />

und Organisationen, die — solange das wirtschaftliche<br />

Wachstum die Konsumbedrohtheit der Mittelschichten und der Arbeitnehmer<br />

begrenzt — relativ klein bleiben, aber im politischen<br />

Gleichgewichtssystem ein Verstärkungsmittel der autoritären Tendenzen<br />

bilden. Das funktioniert trotz ihrer scheinbaren Opposition<br />

in ähnlicher Weise wie zum Beispiel in der Konjunkturperiode der<br />

Weimarer Republik mit den Völkischen und der NSDAP. Würden<br />

die durch die Automations-Rationalisierung bedingten Erweiterungsformen<br />

struktureller Erwerbslosigkeit (vor allem bei den Angestellten)<br />

erheblich größer werden und mit neuen Rezessionserscheinungen<br />

oder größeren politischen Krisen zusammentreffen, bestünde durchaus<br />

die Wahrscheinlichkeit, daß diese unmittelbar faschistischen Bestrebungen<br />

abermals erheblich wachsen, auch wenn sie partiell sich<br />

neuer ideologischer Formen bedienen müssen. Die Kristallisationspunkte<br />

dafür sind in Italien durch die MSI, in Österreich durch die<br />

Freiheitliche Partei, in Deutschland durch die NPD bereits geschaffen<br />

und in den Vereinigten Staaten in der Wallace-Bewegung deutlich<br />

geworden; in Konjunkturphasen verlagern sie sich in die traditionalkonservativen<br />

Parteien (CDU/CSU, ÖVP, CD) selbst. So ist es in<br />

keiner Weise auszuschließen, daß auch unter den gegenwärtigen Bedingungen<br />

des sogenannten staatsmonopolistischen Kapitalismus die<br />

generelle Tendenz zu autoritärer politischer Entwicklung sich mit<br />

speziellen Erscheinungsformen eines neuen <strong>Faschismus</strong> kombiniert<br />

oder in extremen Gefährdungslagen durch sie ersetzt wird.<br />

Die einzige Gegenkraft, die derartige Gefahren ausschalten könnte,<br />

ist — wie in der Periode zwischen den Weltkriegen — die selbstbewußte<br />

Mobilisierung der abhängig arbeitenden Klasse, also der<br />

klassischen Arbeiterklasse, der Angestellten und des (wachsenden)<br />

Teils der akademisch gebildeten Schichten, der sich über deren abhängige<br />

Tätigkeit im gesellschaftlichen Prozeß klar ist. Das erste Ziel<br />

ist die Verteidigung und Wiederherstellung funktionierender Formen<br />

der Öffentlichkeit von politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen<br />

in der parlamentarischen Demokratie; das nächste Ziel<br />

wäre, die monopolkapitalistischen Produktionsverhältnisse durch<br />

transparente sozialistische Produktionsverhältnisse zu ersetzen. Denn<br />

die Widersprüche der spätkapitalistischen Gesellschaft werden immer<br />

erneut, wenn auch in wechselnden ideologischen Erscheinungsweisen,<br />

Tendenzen erzeugen, die zu faschistischen oder faschistoiden<br />

autoritären politischen Herrschaftsweisen überleiten. Daß die herrschenden<br />

gesellschaftlichen Ideologien bei Bewahrung der alten Produktionsverhältnisse<br />

in jeder beliebigen Kombination zugunsten<br />

autoritärer und faschistischer Bestrebungen weiterverwendet werden<br />

können, also keinerlei Schutz gegen derartige Entwicklungsmöglichkeiten<br />

bieten, ist durch den Gang der Geschichte zwischen den Weltkriegen<br />

ausreichend bewiesen.

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