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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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416 Besprechungen<br />

Berding, Helmut: Rationalismus und Mythos. Geschichtsauffassung<br />

und politische Theorie bei Georges Sorel. Abhandlungen<br />

der Forschungsabteilung des Historischen Seminars der Universität<br />

Köln, Bd. 2. R. Oldenbourg Verlag, München 1969 (157 S., Ln.,<br />

28,— DM).<br />

Sorel, der „Metaphysiker des Syndikalismus" (J. Jaurès), entwickelte<br />

seine Theorie der Gewalt, die in seinen früheren Veröffentlichungen<br />

bereits anklingt, voll in einer Aufsatzserie, die 1906 in der<br />

Zeitschrift „Mouvement Socialiste" erschien und 1908 in Buchform<br />

unter dem Titel „Réflexions sur la violence" publiziert wurde. Die<br />

erste deutsche Übersetzung besorgte Ludwig Oppenheimer 1928. Sie<br />

wird hier unverändert wieder vorgelegt. In der neuen Ausgabe wurde<br />

die inzwischen überholte Einleitung von G. Salomon durch ein überlegenes,<br />

umfangreiches Nachwort von G. Lichtheim ersetzt; das Nachwort<br />

des Sorel-Schülers E. Berth zur ersten Ausgabe wurde nicht aufgenommen.<br />

Sorel geht in seiner Schrift von einer auf zwei Fronten geführten<br />

Polemik aus: gegen das ihm verhaßte Bürgertum und gegen die von<br />

ihm verachteten parlamentarischen Sozialisten. Beide sind für ihn<br />

Stützen des Bestehenden: das Bürgertum auf Grund seiner — das<br />

proletarische Klassenbewußtsein lähmenden — Sozialpolitik, die<br />

parlamentarischen Sozialisten wegen des von ihnen praktizierten sozialen<br />

Friedens. Sorel erweist sich hier als treuer Schüler Proudhons,<br />

der in seinem „La Guerre et la Paix" den Krieg als Motor der Geschichte<br />

betrachtet, wenngleich Proudhon im Stadium der bürgerlichen<br />

Demokratie ein Ende des Krieges sieht. Sorel haßt das Bürgertum<br />

gerade deshalb, weil es nicht mehr kriegerisch und daher entartet sei.<br />

„Die Rasse der kühnen Führer, die die Größe der modernen Industrie<br />

begründet hatten, verschwindet, um einer im Übermaß gesittigten<br />

Aristokratie Platz zu machen, die wünscht, in Frieden zu leben" (90).<br />

Die Sozialpolitik der bürgerlichen Republik ist für Sorel Ausdruck<br />

dieser „Entartung"; sie dokumentiere die „Furchtsamkeit" (77) des nun<br />

„feige" gewordenen Bürgertums und sei ein Symptom der Dekadenz:<br />

„Eine auf der Feigheit des Bürgertums beruhende Sozialpolitik, die<br />

darin besteht, stets vor der Drohung mit Gewalttätigkeiten zurückzuweichen,<br />

muß unfehlbar die Idee erzeugen, daß das Bürgertum zum<br />

Tode verurteilt und sein Verschwinden nur noch eine Frage der Zeit<br />

sei" (79). Auf diesem Hintergrund entfaltet Sorel seine „Apologie der<br />

Gewalt", denn nur durch Gewalt kann alles „noch gerettet werden,<br />

... sie steht im Dienste der zutiefst begründeten Interessen der Zivilisation"<br />

(106 f.).<br />

Nach Sorel muß die Ausübung der „proletarischen Gewalt" durch<br />

eine strategische Konzeption untermauert werden. Eine rationale Begründung<br />

könnte nur dazu führen, „jede handelnde Rolle aufzugeben<br />

und lediglich in Worten Revolutionär zu sein" (35). Sorel, der durch<br />

seine ganze Schrift hindurch versichert, Marxist zu sein, wirft Marx<br />

vor, an „hochkonzentrierten Formeln" in Anknüpfung an die Hegelsche<br />

Philosophie Geschmack gefunden zu haben, so daß er über wenig

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