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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Die Ursachen der Studentenbewegung 379<br />

Ursache dar: diese wird mehr und mehr in der „Unruhe der Jugend"<br />

gesehen. Wenn aber die Hochschulstruktur als wesentlich verursachender<br />

Faktor angegeben wird, dann fast ausschließlich so, daß<br />

ihre Mängel als Rückstand hinter der Entwicklung der fortgeschritteneren<br />

spätkapitalistischen Wissenschaftsinstitutionen, z. B. denen<br />

der USA, beschrieben werden. Genannt wird die Überfüllung der<br />

Hochschulen, deren Ausbau dem Anstieg der Studentenzahlen nicht<br />

standgehalten habe 17 , die damit verbundene Verlängerung der Studienzeiten<br />

18 , die inhaltliche Rückständigkeit und Nichtaktualität des<br />

Lehrangebots 19 sowie die „autoritäre Selbstherrlichkeit gewisser<br />

Ordinarien" 20 .<br />

Diese technokratische Rückstandshypothese läßt jedoch, selbst wenn<br />

man zunächst noch von der studentischen Selbstinterpretation absieht,<br />

Ort und Zeitpunkt des entstehenden Protests unerklärlich werden:<br />

in der BRD brachen die Konflikte, wie es sich paradigmatisch<br />

am Fall Berlin aufzeigen ließe 21 , dann auf, als der Druck von Ministerial-<br />

und Wirtschaftsbürokratien, gerichtet auf verstärkte und effizientere<br />

Produktion qualifizierter Arbeitskräfte, die Studenten als<br />

„Reformbewegung" erreichte, als zunächst die Studienzeiten verkürzt,<br />

die Studiengänge reglementiert und die völlige Funktionalisierung<br />

von Wissenschaft durch die Absorption jeglicher politischer Aktivität<br />

organisierter Studenten eingeleitet und durchgesetzt werden sollte.<br />

Damit wird deutlich, daß die Protestursache typischerweise nicht die<br />

alte, sondern nur die Durchsetzung der neuen Hochschule sein kann.<br />

Selbst da, wo sich der Protest an der „Ordinarienuniversität" festmacht,<br />

trifft er auf die entscheidenden Elemente: Fremdbestimmung<br />

und Entpolitisierung, die aber erst in dem Maße kritisierbar wurden,<br />

wie die Massenausbildung die harmonisierenden persönlichen Student-Dozent-Beziehungen<br />

auflöste. Der protestverursachende Ausschluß<br />

sowohl von Lernenden (Lehrenden) wie der Masse der Forschenden<br />

von der Bestimmung über Mittel und Ziele von Forschung<br />

und Lehre nimmt in den Tendenzen zu den neuen Lehr- und Forschungsinstitutionen<br />

eine neue Qualität an, die sich für die ihr Unterworfenen<br />

in der immer deutlicheren Erfahrung persönlicher Sinnlosigkeit<br />

der fremdbestimmten Arbeit zeigt und die in der direkten<br />

Funktionalisierung von Forschung und Lernen für den spätkapitalistischen<br />

Produktionsprozeß besteht 22 . Diese Funktionalisierung be-<br />

17 z. B. Schlaffke, S. 24, Leonhardt, S. 69.<br />

18 Stoltenberg, S. 14/15: die Studenten empfinden ihren sozialen Sonderstatus<br />

einer „festgehaltenen Kindersituation dadurch noch schärfer als<br />

zuvor" und dann: Die Ausbüdungs- und Studienzeiten müssen verkürzt<br />

werden.<br />

19 Leonhardt, S. 65, Schlaffke, S. 25.<br />

20 Schlaffke, S. 24.<br />

21 Siehe Ulf Kadritzke, a.a.O.<br />

22 Mit dem amerikanischen Hochschulökonomen James O'Conner (The<br />

University and the Political Economy, in: Leviathan, March 1969, S. 14—18)<br />

lassen sich die Funktionen der Hochschule im Rahmen und als wesentliches<br />

Mittel staatlicher Regulierung privatkapitalistischer Ökonomie begreifen;

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