Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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338 Peter Römer<br />
Forsthoffs, das System habe seinen wirksamsten Verteidiger in der<br />
Arbeiterschaft selbst, bleibt richtig, wenn es nicht gelingt, die spezifische<br />
Irrationalität kapitalistischer Produktionsweise aufzuzeigen.<br />
Die generelle und undifferenzierte Ablehnung jedes Leistungsprinzips,<br />
jeder Organisation, aller Warenproduktion, wie sie in einem<br />
erschreckend zunehmenden Maße von sich als links stehend empfindenden<br />
Studenten, Künstlern und Intellektuellen verkündet wird,<br />
vermag nicht nur wegen der Manipulationsmaschinerie der Herrschenden<br />
bei den Arbeitern kein revolutionäres Bewußtsein zu schaffen.<br />
Ist nicht vielmehr die Vorstellung, das Leistungsprinzip könne<br />
bereits bei dem gegenwärtigen Stand der Produktivkräfte aufgehoben<br />
werden, allzu offenkundig utopisch? Ist nicht vielleicht allzu leicht<br />
einsehbar, daß diese Behauptung bestürzend inhuman und egozentrisch<br />
ist angesichts des ungeheueren Elendes, in dem die große Mehrheit<br />
der Erdbevölkerung lebt und das nur durch kollektive, intensive<br />
langandauernde Anstrengung auch bei Aufhebung des Kapitalismus<br />
beseitigt werden könnte? Ist denn ernsthaft zu bestreiten, daß die<br />
Weiterentwicklung der Produktivkräfte ohne umfassende langfristige<br />
Planung, die notwendigerweise die Spontaneität und die Freiheit<br />
zugunsten des Planvollzugs einschränken muß, unmöglich ist? Was<br />
gar soll man zu der Behauptung sagen, daß den im Monopolkapitalismus<br />
produzierten Waren jeder Gebrauchswert abzusprechen sei? Das<br />
fing mit der Kritik von Warenhauskatalogen an (Enzensberger), steigerte<br />
sich zu Brandlegung im Kaufhaus und äußert sich nunmehr wie<br />
folgt: „In dem Maße, wie das gesellschaftliche Verhältnis der Warenproduzenten<br />
zum Produkt ihrer Tätigkeit in den Waren selbst gegenständlich,<br />
sinnlich wird, muß die Aneignung der Produkte durch die<br />
Produzenten zur Zerstörung dieses ihres Warengesichts werden. Die<br />
Autos, die auf den Pariser Barrikaden brannten, zeigten eine erste<br />
Anwendung des Gebrauchswertes Auto unter den Bedingungen des<br />
Spätkapitalismus" S7 . Mit Recht hat der Verfasser dieser These aus der<br />
Hand des <strong>Berliner</strong> Regierenden Bürgermeisters einen Staatspreis erhalten,<br />
denn kein bezahlter Agitator hätte besser die Behauptung<br />
stützen können, mit der Zerstörung des Kapitalismus werde notwendigerweise<br />
auch alles zerstört, was er objektiv an Fortschritten im<br />
wissenschaftlich-technischen Bereich und in der Weiterentwicklung<br />
der Produktivkräfte geleistet habe.<br />
Die Aufgabe der Intelligenz 88 besteht demgegenüber in der klaren<br />
Abtrennung der Widersprüche und Irrationalismen, die durch die<br />
kapitalistische Produktionsweise verursacht sind, von den — zweifellos<br />
ebenfalls nicht zu vernachlässigenden — Problemen, die der wissenschaftlich-technische<br />
Fortschritt als solcher, also auch in der ersten<br />
37 Schneider, Die Phantasie im Spätkapitalismus und die Kulturrevolution,<br />
Kursbuch, H. 16, März 1969, S. 1 ff., S. 26, vgl. auch S. 14.<br />
38 Vgl. auch Abendroth, Klassenauseinandersetzungen in der spätkapitalistischen<br />
Gesellschaft — Die Rolle der Intelligenz, in: Revolution gegen<br />
den Staat? Die außerparlamentarische Opposition — die neue Linke. Hrsg.<br />
von Dollinger, S. 14 ff.