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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Soziale Bewegung und Politik 437<br />

gehensweise nicht mehr die Unterscheidung zwischen gesteuerten<br />

Bewußtseinsvorgängen und der Realität selbst zu, so z. B. wenn sich<br />

an die These, ein Stereotyp des Antikommunismus sei mit der aus<br />

sexueller Repression herzuleitenden Berührungsangst verbunden, die<br />

Folgerung anschließt, „nur so" lasse sich die Hallstein-Doktrin verstehen<br />

(160) — welchem psychotherapeutischen Eingriff ist demnach<br />

die „neue Ostpolitik" zu verdanken?<br />

Eine Schwäche der Argumentation zeigt sich auch dort, wo die<br />

Therapie der Politischen Psychologie ins politische Credo des Autors<br />

mündet. Es war und ist sicher nicht falsch, daß in der studentischen<br />

Linken oft die „humanen Impulse jakobinischer Verfassungen" den<br />

Ausschlag geben, nur „modifiziert durch das Studium des Marxismus"<br />

(93); es mag auch entlarvend sein, die bestehenden Zustände am<br />

Ideal „einer wahren bürgerlichen Demokratie" (139) zu messen. Allzu<br />

unvermittelt heute Demokratisierungsforderungen einer „republikanischen<br />

Tradition" (171) zuzuordnen, bedeutet aber zumindest Verschweigen<br />

jener proletarischen Tradition, die seit mehr als einem<br />

Jahrhundert für die Einlösung des Versprechens auch der bürgerlichen<br />

Revolution steht, ohne sich freilich darin zu erschöpfen.<br />

Dieter Krause (Berlin)<br />

Haug, Wolfgang Fritz: Der hilflose Antifaschismus. Zur<br />

Kritik der Vorlesungsreihen über Wissenschaft und NS an deutschen<br />

Universitäten, (es 236) Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1967/3.,<br />

veränderte Auflage 1970 (159 S., kart., 4,— DM).<br />

Eingangs wird der Vorwurf der „aus dem Zusammenhang gerissenen<br />

Zitate" antizipiert: „Die Untersuchung isoliert die untersuchten<br />

Texte und interpretiert sie andererseits im Zusammenhang" (12). Der<br />

Zusammenhang ist ein neuer, einer des Gerichts, das der Autor an<br />

ihnen vollstreckt. Das Gericht ist die Konstruktion, die den Stellenwert<br />

der angeführten Zitate aufblitzen läßt: jäh werden einzelne Sätze<br />

aus ihrem Kontext — den 1964 bis 1966 an deutschen Universitäten<br />

abgehaltenen Vorlesungsreihen über das Verhältnis von Universität<br />

und <strong>Faschismus</strong> — herausgerissen, ins Licht geführt einer <strong>Diskussion</strong>,<br />

die die Texte von sich aus nicht meinten und nicht ertragen. Nicht das<br />

einfache Bekenntnis ihrer Ohnmacht wird den Texten abgezwungen,<br />

sondern dieser Ohnmacht wird auf den Grund gegangen, den es als<br />

den „gesellschaftlichen Ort" der Wissenschaft neuzubestimmen gilt:<br />

wenn Wissenschaft „sich nicht selbst aufgeben will" (14). Sie zitierend,<br />

ruft Haug die halbherzigen, begriffstutzigen und hilflosen Phrasen<br />

beim Namen; und auf der Basis dieser bei ihrem Namen genannten<br />

„Hilflosigkeit" (nicht nur die vergangene eines versäumten Antifaschismus!)<br />

kann eine sich ihres gesellschaftlichen Orts innegewordene Wissenschaft<br />

aufbauen. Damit überwindet die Schrift den „begrenzten<br />

Anlaß" einer „Inhaltsanalyse" und nimmt Züge an einer „Streitschrift"<br />

(12). Aber die Militanz dieser Streitschrift ist exemplarisch<br />

gerade darin, daß diese sich in engster Konnexion mit den unter-

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