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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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426 Besprechungen<br />

der Freiheit und der Volksherrschaft nur so lange gewesen, als es<br />

selbst den Adel habe bekämpfen müssen (140 f.).<br />

Imperialismus erscheint als die Nasführung des Staates durch eine<br />

raffinierte Clique von Finanzjobbern: Hobson konzipiert eine Verschwörertheorie.<br />

Die Begriffslosigkeit, die die „vernünftigen", demokratischen<br />

Kräfte gegen diese dämonische Schar mobilisieren will,<br />

scheut dann auch nicht den Hinweis, diese gehörten fast alle „einer<br />

Rasse" an (75). Die Hilflosigkeit der Analyse schafft so plötzlich im<br />

Text eines liberalen, demokratisch-pazifistischen Intellektuellen unvermittelt<br />

dem Rassismus Platz. Zwar macht Hobson immer wieder<br />

Anmerkungen, die das Interesse nicht nur kapitalistischer Kreise,<br />

sondern sogar das Einverständnis aller konservativen Kreise aus innenpolitischen<br />

Gründen aufweisen (302, 139). Er erkennt jedoch nicht<br />

die notwendige Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus; so<br />

stellt er auch im Gegensatz zu Hilferding und Lenin in der Analyse<br />

keinen Zusammenhang zwischen der Macht des an Anlagesphären<br />

interessierten Finanzkapitals und der zunehmenden Kapitalkonzentration<br />

her. Selbst die ökonomische Analyse der Schwierigkeit, Kapital<br />

profitabel anzulegen, übergeht die Frage nach den kapitalistischen<br />

Produktionsverhältnissen. Vielmehr erweist Hobson sich als energischer<br />

Verfechter einer Unterkonsumtionstheorie vom Rodbertusschen<br />

Typus: die Konsumkraft sei nicht entsprechend dem Konsumbedürfnis<br />

verteilt, das Übel also liege in der „verkehrte(n) Verteilungswirtschaft"<br />

(97). Auf der Grundlage dieser Distributionsverhältnisse führt<br />

er den Klassenbegriff ein: Kapitalist und Arbeiter unterscheiden sich<br />

ihm (wie den Revisionisten) bloß durch die Höhe ihres Einkommens.<br />

Die Lösung ist dementsprechend zu suchen in „Sozialreform" (96).<br />

Dem Beharren in der Distributionssphäre entspricht ein rein politisch-institutionelles<br />

Lösungsmodell: Der Eingriff des vernünftig gewordenen<br />

Staates beseitigt die Unterkonsumtion, läßt alle Investitionsgelder<br />

dem Binnenmarkt zufließen und macht so den Imperialismus<br />

überflüssig. Um dies zu erreichen, appelliert Hobson an die <strong>kritische</strong>n<br />

Intellektuellen und Liberalen, sich mit den Gewerkschaften<br />

(als den „natürlichen" Feinden des Imperialismus, weil ihre Interessen<br />

auf Konsumkrafterhöhung der Arbeiter gerichtet seien, 99) zu verbünden.<br />

Hobson zeigt sich der Wirkungslosigkeit solcher moralischen<br />

Appelle bewußt, wenn sein Aufklärer- und Kritikerpathos resignativ<br />

umschlägt in krudesten Kulturpessimismus, der ihn die Vision eines<br />

parasitären Europas heraufbeschwören läßt, das — wie das späte<br />

römische Reich — moralisch und physisch zerrüttet, am Ende von den<br />

unterdrückten Rassen überrannt wird (304). Partiell richtige Einsichten<br />

in die Ausbeutung der kolonialen Völker führen hier in konsequentem<br />

Übersehen der Klassenantagonismen im Kapitalismus zu<br />

Spenglerschen Untergangsvisionen.<br />

Bemerkenswert sind einige historische und sozialpsychologische<br />

Beobachtungen; so konstatiert Hobson bereits den Niedergang des<br />

Parlamentarismus und die steigende Macht der Exekutive in England<br />

(141). Auch zeigt er vorzüglich die Manipulation durch die teils im<br />

Besitz der Plutokratie befindliche, andernteils vom Anzeigengeschäft

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