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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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298 Richard Saage<br />

in der Sphäre des Politischen und der philosophischen im Bereich des<br />

Transpolitischen ist gemeinsam die Vernachlässigung der sozioökonomischen<br />

Analyse der Ursachen des <strong>Faschismus</strong> und das Bestreben,<br />

diesen entweder durch äußere Merkmale zu identifizieren oder ihn als<br />

geistesgeschichtliches Phänomen zu fassen. Vor Ausführung der Kritik<br />

sollte aber kurz umrissen werden, was Nolte unter dem Begriff<br />

des Binnenpolitischen, des Politischen und des Transpolitischen versteht<br />

und wie die Methoden strukturiert sind, die er diesen Ebenen<br />

jeweils zuordnet.<br />

Das Binnenpolitische wäre nach Nolte im Bereich des politischen<br />

Tageskampfes der konkurrierenden Parteien und Organisationen zu<br />

lokalisieren. In diesem Spannungsfeld ist der <strong>Faschismus</strong> wie jede<br />

andere politisch agierende Gruppe gezwungen, sich irgendwie zu profilieren<br />

und eine Struktur zu entwickeln, die sie von den anderen<br />

Konkurrenten unterscheidet. Solche spezifischen, aus den direkten<br />

politischen Auseinandersetzungen resultierenden Strukturmerkmale<br />

sind in bezug auf den <strong>Faschismus</strong> etwa die Existenz einer Ideologie,<br />

die pseudosozialistische und rassistische Momente enthält, das Vorhandensein<br />

eines Vernichtungswillens und die Ausbildung einer charakteristischen<br />

Praxis. Je nachdem, ob diese Elemente ganz oder teilweise,<br />

stärker oder schwächer entwickelt sind, unterscheidet Nolte<br />

vier „typologische Stellen": die noch nicht faschistische, die als präfaschistisch<br />

bezeichnet werden kann (das Regime Pilsudskis etwa),<br />

die frühfaschistische (action française), die normalfaschistische (italienischer<br />

<strong>Faschismus</strong>) und die radikalfaschistische (Nationalsozialismus).<br />

Diese Typologie läuft also auf die Konstruktion einer Skala hinaus,<br />

deren Fixpunkte der Autoritarismus einerseits und der vollausgebildete<br />

Totalitarismus andererseits sind. Es entsteht somit eine Topologie,<br />

dergestalt, daß jede Variante des <strong>Faschismus</strong> im Skalenbereich<br />

ihren Ort findet.<br />

Aber der <strong>Faschismus</strong> ist nach Nolte in dieser Form nur unvollkommen<br />

charakterisiert. Genauso, wie die Typologie auf gänzlich<br />

ungeklärte Begriffe wie beispielsweise „Ideologie" oder „Praxis"<br />

verweist, stellt ihr Medium, das Binnenpolitische, selbst nur die<br />

Oberfläche des eigentlich Politischen dar. Der Bereich des Politischen<br />

beginnt Nolte zufolge dort, wo der „Naturgrund der Politik selbst ans<br />

Licht gebracht und zum Selbstbewußtsein erweckt" wird (a 516). Die<br />

sog. Phänomenologie ist die Methode, die Nolte zur Sichtbarmachung<br />

jener Motivationsstruktur vorschlägt, die faschistische Aktivität im<br />

Binnenpolitischen erst auslöst. Diese Methode bezieht sich ausdrücklich<br />

nur auf solche Phänomene, für deren Existenz eine Ideologie<br />

(neben anderen Faktoren) konstitutiv ist. Diese in ihrem historischen<br />

Kontext und ihrer praktisch-politischen Auswirkung sich selbst explizieren<br />

zu lassen und somit das „Bewußtsein" des Phänomens aus dessen<br />

„Immanenz" heraus zur Darstellung zu bringen, ist die eigentliche<br />

Intention der Phänomenologie.<br />

Wenn Nolte im Bereich des Politischen den Radikalfaschismus als<br />

den „Todeskampf der souveränen, kriegerischen, in sich antagonistischen<br />

Gruppe" erkennt, der sich als „praktischer und gewalttätiger

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