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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Der Propagandaapparat des NS-Staates 313<br />

tungen mit finanzieller Unterstützung durch die hinter dem deutschnationalen<br />

Hugenberg stehende Gruppe der Großgrundbesitzer von<br />

20 000 im Jahre 1928 auf 800 000 im Jahre 1932 empor. Gleich nach<br />

der Machtübernahme ging dann das Triumvirat aus Großgrundbesitz,<br />

Industrie und Reichswehr unter dem Beifall eines bedeutenden<br />

Teils des Kleinbürgertums daran, die kommunistische und sozialdemokratische<br />

Presse auszurotten 2 : das Verlagsvermögen wurde beschlagnahmt<br />

und zum weiteren Ausbau der NS-Presse genutzt, die<br />

bereits 1933 eine Gesamtauflage von über 3 Millionen Exemplaren<br />

erreichte. Die bürgerlichen, die konfessionellen und die unpolitischen<br />

Blätter wurden auf weniger zupackende Art nach und nach durch<br />

Drohungen, Kauf und gesetzliche Regelungen des Pressewesens<br />

„gleichgeschaltet". Wie sich die Gleichschaltung im einzelnen vollzog,<br />

kann man bei Haie nachlesen. Interessant ist vor allem, daß es bereits!<br />

ab Mitte 1933 keine grundsätzliche politische Opposition in der'<br />

Presse mehr gab und daß jeder, der das versucht hätte, sich großer<br />

Gefahr — zumindest nach bürgerlichen Karrierevorstellungen —<br />

ausgesetzt hätte.<br />

Wie war es möglich, daß der <strong>Faschismus</strong> in so kurzer Zeit gegen<br />

den Willen der Arbeiterklasse, die erst sehr spät in den NS-Staat<br />

integriert werden konnte, gegen die Einsicht des aufgeklärten Bürgertums<br />

und gegen die Interessen der direkten und indirekten Finanziers<br />

des bedrohten Verlags- und Pressewesens die Herrschaft<br />

über den gesamten Presseapparat gewann? Zu dieser Frage, die doch<br />

ähnlich immer wieder gestellt werden muß, wie die Ereignisse in<br />

Griechenland oder die Konzentrationsvorgänge in der BRD und anderswo<br />

zeigen, findet man beim ehemaligen Vernehmungsoffizier<br />

Haie nichts; er kümmert sich statt dessen penetrant und sehr verständnisvoll<br />

mehr aus der Sicht von Entnazifizierungs- und Entschädigungsprozessen<br />

um die persönlichen Eigenschaften und Beziehungen<br />

von „Hitlers geschäftigen Kobolden" im Pressewesen 8 .<br />

„Wollte man eine aufs Grundsätzliche zielende Schlußfolgerung ziehen,<br />

so wäre es die, daß schon ein Mindestmaß von Sozialisierung<br />

oder Verstaatlichung der Presse, ob demokratisch oder autoritär, mit<br />

wahrer Pressefreiheit unvereinbar ist" 4 . Unter diesem organisatorischen<br />

Blickwinkel muß natürlich die Entwicklung der Presse in der<br />

Bundesrepublik als Neubeginn und Fortschritt gewertet werden, und<br />

so geschieht es ja auch immer wieder, vor allem dann, wenn es darum<br />

geht, die Kritik an Springer und ähnlichen Fällen zu entschärfen.<br />

Angesichts der Tatsache aber, daß sowohl das Prinzip der Profitorientierung<br />

auch für die Presse der NS-Zeit in weiten Bereichen<br />

gültig blieb, als auch die keineswegs auf die wirtschaftliche Seite<br />

2 „Einzig die ausgesprochene >Linkspresse< fiel zunächst der Ausschaltung<br />

durch die Nationalsozialisten zum Opfer" (Abel, S. 29). Kein Anlaß<br />

für die Bürgerlichen damals oder für Abel heute, das Ideal der Pressefreiheit<br />

unmittelbar gefährdet zu sehen.<br />

3 Hale, S. 31.<br />

4 Hale, S. 9.

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