Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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378 Uta Stolle<br />
gung „begreift" als sich selbst unbewußte Reaktion auf die amerikanische<br />
Ostpolitik („Wandel durch Annäherung"), die für die BRD<br />
Verzichtpolitik und Auslieferung an den „Osten" bedeute 13 . Die Einwirkung<br />
der revolutionären Befreiungsbewegungen der Dritten Welt,<br />
besonders der Vietnams wird, abgesehen von einigen verstreuten<br />
Hinweisen 14 , völlig ignoriert, obwohl sich die Studentenbewegung<br />
gerade durch sie besonders deutlich definiert hatte.<br />
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die ohnehin spärlichen Erklärungen<br />
aus (oder zumindest auch aus) allgemeinen gesellschaftlichen<br />
Strukturen, die die eigentlich ausschlaggebenden sein müßten,<br />
nicht nur apologetisch sind, sondern der nationalen Nabelschauperspektive<br />
fast' völlig verhaftet bleiben, einer Perspektive, die weder<br />
den Kampf der „Dritten Welt" noch die in anderen spätkapitalistischen<br />
Gesellschaften gleichlaufenden Involutionsprozesse in den Blick<br />
geraten läßt, welche ein Verständnis der bundesrepublikanischen<br />
Symptome erst ermöglichen würden. Zudem bleibt bei diesen Erklärungshinweisen,<br />
die zu Recht versuchen, den gesamtgesellschaftlichen<br />
Rahmen zumindest einzubeziehen, stets die Tatsache zufällig, daß der<br />
Protest massenhaft gerade an den Universitäten aufbrach. Da löst<br />
dann einfach, politisch freischwebend, „die studentische Opposition<br />
die der Intellektuellen und Schriftsteller" 15 ab.<br />
Hier hätte zum einen berücksichtigt werden müssen, daß „Herrschaftsverhältnisse<br />
und politische Entscheidungen einem institutionsspezifischen<br />
Legitimationszwang der Hochschulen unterliegen, der es<br />
insbesondere den in das System der Berufsrollen, der sanktionierten<br />
Leistungen und Belohnungen noch nicht voll integrierten Studenten<br />
erlaubt, diffuse Interessenlagen zu strukturieren, gesellschaftliche<br />
Widersprüche in ihrem wesentlichen Gehalt zu verschärfen und durch<br />
Alternativpositionen zu artikulieren" 16 . Zum andern, und das ist'<br />
ausschlaggebend, hat die Tendenz zur Entpolitisierung und Funktionalisierung<br />
der Hochschulen für die Studenten die Folgen von administrativ<br />
durchgesetzter und kapitalorienter Fremdbestimmung direkt<br />
erfahrbar gemacht. Durch die analytische Verarbeitung dieser unmittelbaren<br />
Erfahrungen können im übrigen gesamtgesellschaftliche Prozesse<br />
wie z. B. der Verfall des Parlamentarismus in ihrem strukturellen<br />
Zusammenhang begriffen werden.<br />
Hochschulstrukturelle Ursachen<br />
Die Hochschulsituation, die zu erwähnen natürlich kaum ein Autor<br />
vergißt, stellt nur noch für eine geringe Zahl von Autoren die zentrale<br />
13 Schrenck-Notzing, S. 259 f.<br />
14 z.B. bei Hermann, S. 25; häufiger sind aber Zeugnisse verständnisloser<br />
Abwehr, die angesichts der Che- und Maotransparente fragen, ob die<br />
sonst so heilsame Unruhe „vielleicht nur Teil einer internationalen Modewelle<br />
..." sei (Paczensky, in: Dollinger, S. 197), oder es wird hier „Romantik,<br />
Erlösungsmystik, Irrationalität, ,Weltgeist' in seiner verworrensten<br />
und verwirrensten Form" (Flach, in: Dollinger, S. 216) konstatiert.<br />
15 in: Dollinger, S. 205.<br />
16 Negt, in: Baier, S. 27.