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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Die Ursachen der Studentenbewegung 381<br />

doch zusammen mit anderen Faktoren, analoge Handlungsmodelle<br />

und Kooperationsstrategien der segmentierten Gruppen nahelegen.<br />

Die erste Funktion der Rückstandshypothese ist demnach die, das<br />

Problem als eines des isolierten Sektors Hochschule zu bezeichnen;<br />

damit soll durch Verfestigung und Erweiterung parzellierter Bewußtseinsstruktüren<br />

die Isolation der Protestierenden garantiert und eine<br />

Solidarisierung mit ihnen verhindert werden. Die zweite, noch wichtigere<br />

Funktion der beschriebenen Etikettierung des Problems besteht<br />

darin, der organisierten „Indienstnahme" der Wissenschaftsinstitution<br />

Universität nach außen hin eine studentische Legitimationsgrundlage<br />

zu fingieren, die die inner- und außeruniversitären<br />

Durchsetzungsschwierigkeiten verringern helfen soll 24 . Das zeigt sich<br />

beispielhaft, wenn z. B. Rüegg eine Äußerung des Berkeleystudenten<br />

Mario Savio gegen die „entpersönlichte, verantwortungslose Bürokratie",<br />

die sich hinter ihren Vorschriften verstecke, als Bestätigung<br />

der Dringlichkeit einer radikalen Rationalisierung der unproduktiven<br />

Universitätsverwaltung verwendet, die genau das amerikanische Vorbild<br />

(Präsidialverfassung und Partialinteressen vertretendes Kuratorium)<br />

kopieren soll, an dem sich der zitierte Protest entzündete 25 .<br />

Während nun allerdings Wirtschafts- und Staatsbürokratien, zu<br />

denen z. T. auch schon die Rektoren zu rechnen sind, die „berechtigte<br />

Unruhe" dazu benutzen, die dysfunktional gewordene Autonomie<br />

auch der Dozenten abzubauen, versuchen diese, sie mit dem gleichen<br />

Mittel soweit als möglich zu retten: ein Beispiel hierfür ist Helmut<br />

Schelsky. Schelsky hält die „Grundfragen, die die Opposition der<br />

Studenten heute der Professorenschaft als ganzer stellt... für berechtigt<br />

und bedenkenswert... Wie erwehrt sich der Professor (!) der<br />

ihm aufgedrungenen ,Entfremdung', die in der Verschulung und<br />

Reglementierung der akademischen Ausbildung und Lehre liegt... ?<br />

Geht er nicht zu unbedenklich und zu unkritisch ein auf die Anforderungen,<br />

die ihm die .Leistungsgesellschaft', das sich stabilisierende<br />

Industrie- und Bürokratiesystem in Üer Lehre und mehr und mehr<br />

auch in der Forschung ansinnt?" Schelsky schlägt dann als Lösung<br />

vor: „Um es simpel zu sagen: Man übergebe einen großen Teil der<br />

Verwaltungs- und Organisationsaufgaben der Universität an speziell<br />

dafür ausgebildete wissenschaftliche Verwaltungsbeamte und lasse<br />

diese die Organisation der Ausbildung gegenüber den Studenten verantworten"<br />

2B . Um es noch simpler zu sagen: Man entgehe den lästigen<br />

Demokratisierungsforderungen der Studenten, indem man sie, auf<br />

eigenen Wunsch und im eigenen Interesse selbstverständlich, direkt<br />

in staatlichen Gewahrsam nimmt; man versuche den eigenen Besitz-<br />

24 vgl. Jacobsen/Dollinger, die ihre Dokumentation zuschneiden auf<br />

eine Hochschulreform à la Stoltenberg und Biedenkopf, und sie mit dem<br />

Titel „Die deutschen Studenten" versehen, denn: „Ihnen kann die Rolle<br />

des Katalysators in diesem Prozeß nicht streitig gemacht werden, wenngleich<br />

dies natürlich noch nichts über die Stichhaltigkeit ihrer Argumente<br />

aussagt." (12)<br />

25 Rüegg, S. 11.<br />

26 Schelsky, in: Baier, S. 108/109.

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