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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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296 Richard Saage<br />

jüdischer, sozialistischer und kommunistischer Provenienz vereinigt,<br />

sei es teilweise, sei es im ganzen, und zugleich „überholt" werden<br />

sollen (a 51). Konzeptionen nennt Nolte diejenigen <strong>Theorien</strong>, die „in<br />

den Auseinandersetzungen des gesellschaftlichen Lebens selber" „v o r<br />

der Wissenschaft" entstanden sind (a 42). Sie sind, im Gegensatz zur<br />

wissenschaftlich abgeklärten Theorie, auf ganz bestimmte Interessen<br />

politischer Art bezogen, wodurch ihre kognitive Relevanz gewissermaßen<br />

eingeengt erscheint. Zwar konzediert Nolte, daß die Wissenschaft<br />

weder Konzeptionen hervorbringen noch auf sie verzichten<br />

kann (a 47). Zwar negiert er verbal die Möglichkeit einer „rein wissenschaftlichen<br />

Theorie diesseits aller Konzeptionen" (c 51) und ist<br />

überzeugt, daß „es keine Theorie über den <strong>Faschismus</strong> (gibt)", „wenn<br />

nur dasjenige Theorie heißen darf, was sich in der olympischen Distanz<br />

der Astronomie entfaltet" (c 15). Aber diese Modifikationen<br />

bleiben letztlich Behauptungen: wenn wissenschaftlich nur ist, was<br />

über die größte Entfernung zur Sphäre politischen Interesses verfügt,<br />

dann impliziert dieses Postulat einen Objektivitätsbegriff, der seiner<br />

Intention nach sich auf die Idee der von allen konkreten gesellschaftlichen<br />

Interessen unberührten Wahrheit bezieht, auch wenn man sich<br />

dieser nur approximativ annähern kann (a 33 f.). In jedem Falle aber<br />

bleibt das Verwiesensein des Objektivitätsbegriffs auf die sog. Konzeptionen<br />

für diesen folgenlos. Zwar baut er auf jenen auf: hat er sich<br />

aber erst einmal konstituiert, so löst er sich von seiner Vermittlung<br />

ab. Was übrigbleibt, ist dann doch das Postulat reiner Wissenschaftlichkeit:<br />

eben jene „höhere" Ebene, der sich das zu behandelnde Objekt<br />

erst dadurch würdig erweist, daß es „tot" ist (a 33). Gerade das,<br />

was Nolte durch seinen Objektivitätsbegriff auszuschalten sucht, die<br />

politische Manipulation, wird so durch ihn erst provoziert: die Blindheit<br />

gegenüber der gesellschaftlichen Vermittlung dessen, was er<br />

„höhere" Ebene nennt, reflektiert nicht den ideologischen Preis, der<br />

für sie zu zahlen ist: die apologetische Behauptung, die Epoche des<br />

<strong>Faschismus</strong> sei vorbei, weil es u. a. nach 1945 keine gesellschaftlich<br />

relevante Gruppe mehr gebe, die gewissen formalen Kriterien der<br />

Faschismen in der Zeit vor 1945 genüge.<br />

Freilich scheint Nolte diese Position in seinem Bild-Band „Der <strong>Faschismus</strong>"<br />

zu modifizieren. Er spricht hier von der „Möglichkeit einer<br />

Wiedergeburt des <strong>Faschismus</strong> auf der neuartigen und weiteren Ebene<br />

eines Kontinental- und Rassenfaschismus" (d 38 f.). Allerdings seien<br />

die Voraussetzungen für dessen Aktualisierung weder in Europa noch<br />

in den sog. „Entwicklungsländern" gegeben, sondern ausschließlich<br />

auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Aber auch hier könne der<br />

Rassenfanatismus nur dann so virulent werden, daß die ihn tragenden<br />

Massenbewegungen den formalen Kriterien des <strong>Faschismus</strong> 3 entsprechen,<br />

„wenn die Vermutung einer von China gesteuerten Verschwörung<br />

der Farbigen an Kraft gewinnt und wenn die liberale Tradition<br />

auch grundsätzlich in Frage gestellt wird. Aber nur wenn ein nach<br />

3 Diese Kriterien werden von Nolte in „Der <strong>Faschismus</strong> in seiner<br />

Epoche" entwickelt. Auf sie wird noch einzugehen sein.

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