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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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336 Peter Römer<br />

werden muß. Kritik der Politischen Ökonomie war, Marx zufolge,<br />

Theorie der bürgerlichen Gesellschaft nur als Ideologiekritik. Wenn<br />

aber die Ideologie des gerechten Tausches zerfällt, kann das Herrschaftssystem<br />

auch nicht mehr an den Produktionsverhältnissen unmittelbar<br />

kritisiert werden" 32 . Bereits Abendroth 33 hat zutreffend<br />

darauf hingewiesen, daß es wenig überzeugend ist, eine Theorie und<br />

ihre Fragestellung abzulehnen, weil eben dies, was diese Theorie —<br />

und nur diese — vorausgesagt hat, auch tatsächlich eingetreten ist:<br />

die Tendenz zum das Marktprinzip aufhebenden Monopolkapitalismus.<br />

War aber im übrigen jemals Politik nur 34 ein Überbauphänomen?<br />

War nicht stets, auch in der Hochblüte des Liberalismus, die<br />

ökonomische Basis auch zugleich eine Funktion von Staatstätigkeit<br />

und politisch ausgetragenen Konflikten? Und haben nicht gerade<br />

Marx und Engels diese Wechselbeziehungen zwischen ökonomischer<br />

Basis und politisch-rechtlichem Überbau auf das exakteste beschrieben?<br />

Ist es nicht nur der platteste Vulgärmarxismus gewesen, der in<br />

dem Überbau bloße Widerspiegelung der Basis und sonst nichts gesehen<br />

hat? Hat denn die angebliche Autonomie der Gesellschaft und<br />

ihrer kapitalistischen Produktionsweise jemals realiter bestanden?<br />

Liegt hier nicht ein von der tatsächlichen geschichtlichen Entwicklung<br />

35 abstrahiertes Modelldenken vor, das eher liberalistische Ideologien<br />

als marxistische Theorie reproduziert?<br />

Obwohl Habermas die Verschmelzung von Staat und Gesellschaft<br />

konstatiert, verwendet er weiter die überkommenen, dem neuen<br />

staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht mehr adäquaten Begriffe<br />

von „staatlicher" Intervention und von „politischer Herrschaft", die<br />

nach neuer Legitimation verlange. In dieser Hinsicht sehen die<br />

Schmittianer klarer: mit der Entwicklung zum Monopolkapitalismus<br />

wächst die Tendenz zur Abschaffung von Staat und staatlich-politischer<br />

Herrschaft. Das heißt nicht, wie die Ideologen der neuen „Technostruktur"<br />

behaupten, daß Herrschaft überhaupt aufhöre und alles<br />

nur nach den Regeln technischer Rationalität ablaufe. Wohl aber hört<br />

Herrschaft als eine durch den Staat, seine allgemeinen Gesetze und<br />

seine dezisionistischen Maßnahmen vermittelte auf. Je stärker die<br />

Entwicklung zu einem „Welttrust der Monopole" (Lenin) wird, in<br />

um so stärkerem Maße wird — vielleicht hinter einer noch aufrechterhaltenen<br />

staatlichen Fassade — die staatliche Gesetzgebung durch<br />

die Planaufstellung der wissenschaftlichen Stäbe der Monopole ersetzt<br />

werden, wird an die Stelle staatlicher Streitentscheidung, staatlicher<br />

Polizei, staatlicher Fürsorge die Betriebsjustiz, der Betriebs-<br />

32 Habermas, Technik und Wissenschaft als „Ideologie", S. 75—76 —<br />

Hervorhebungen von J. H.<br />

33 Abendroth, Demokratisch-liberale oder revolutionär-sozialistische<br />

Kritik? S. 135.<br />

34 Habermas, Technik und Wissenschaft, S. 75 (Sperrung von J. H.).<br />

35 Vgl. zur historischen Entwicklung in Deutschland, Conze (Hrsg.),<br />

Staat und Gesellschaft im deutschen Vormärz 1815—1848, Industrielle<br />

Welt Bd. 1, Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte,<br />

dort insb. Koselleck, Staat und Gesellschaft in Preußen 1815—1848, S. 79 ff.

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