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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Vom totalen Staat zur totalen bürgerlichen Gesellschaft ' 335<br />

durch 80 . Der mit „der privatwirtschaftlichen Kapitalverwertung nach<br />

wie vor in die Struktur der Gesellschaft eingebaute Konflikt" ist nach<br />

Habermas 31 derjenige, „der mit der relativ größten Wahrscheinlichkeit<br />

latent" bleibe, denn der staatlich geregelte Kapitalismus lege<br />

durch eine Konfliktvermeidungspolitik den Klassenkampf still. Die<br />

These, der Grundwiderspruch des Kapitalismus manifestiere sich<br />

nicht mehr in einzelnen konkret erfahrbaren Krisen, die dann den<br />

von ihnen Betroffenen auch in ihren Ursachen und ihrem Gesamtzusammenhang<br />

mit der Organisation des Systems theoretisch<br />

vermittelbar sind, wird m. E. zutreffend von zahlreichen marxistischen<br />

Theoretikern bestritten. Dies Problem kann im vorliegenden<br />

Zusammenhang nicht vertieft werden, jedoch sei darauf hingewiesen,<br />

daß die Rezession in der Bundesrepublik und die Art ihrer Behebung<br />

zwar einerseits die Habermassche These von der Selbststabilisierung<br />

stützt, andererseits aber den Konzentrationsprozeß beschleunigt, die<br />

„Formierung" der Gesellschaft vorangetrieben und damit den Grundwiderspruch<br />

verstärkt hat; vor allem hat sich gezeigt, daß Vollbeschäftigung,<br />

die man braucht, will man die Arbeiter für sich gewinnen,<br />

nur bei hohen Profiten gewährleistet werden kann; diese hohen<br />

Profite aber waren bei gleichzeitiger Stagnation der Löhne und der<br />

Massenkaufkraft nur durch eine günstige außenwirtschaftliche Lage<br />

und durch Export zu erzielen. Nur dadurch war es möglich, daß die<br />

hohe Zuwachsrate der Produktion und die stagnierende effektive<br />

innere Nachfrage nicht zu einer neuen, noch stärkeren Krise geführt<br />

haben.<br />

Radikaler, d. h. die Wurzeln des Marxismus angreifend, als die<br />

These von der Latenz des kapitalistischen Grundwiderspruchs ist<br />

folgende Behauptung von Habermas: „Wenn sich die Gesellschaft<br />

nicht mehr ,autonom' — und das war das eigentlich Neue an der kapitalistischen<br />

Produktionsweise — als eine dem Staat voraus- und<br />

zugrunde liegende Sphäre selbstregulierend erhält, stehen Staat und<br />

Gesellschaft nicht länger in einem Verhältnis, das die Marxsche<br />

Theorie als das von Basis und Überbau bestimmt hatte. Dann aber<br />

kann eine <strong>kritische</strong> Theorie der Gesellschaft auch nicht mehr in der<br />

ausschließlichen Form einer Kritik der Politischen Ökonomie durchgeführt<br />

werden. Eine Betrachtungsweise, die die ökonomischen Bewegungsgesetze<br />

methodisch isoliert, kann nur so lange beanspruchen,<br />

den Lebenszusammenhang der Gesellschaft in seinen wesentlichen<br />

Kategorien zu erfassen, als Politik von der ökonomischen Basis abhängig<br />

ist und diese nicht umgekehrt auch schon als eine Funktion<br />

von Staatstätigkeit und politisch ausgetragenen Konflikten begriffen<br />

30 Vgl. Abendroth, Demokratisch-liberale oder revolutionär-sozialistische<br />

Kritik? in: Die Linke antwortet Jürgen Habermas, res novae provokativ,<br />

S. 131 ff., s. auch ders., Zum Problem der Rolle der Studenten und<br />

der Intellektuellen in den Klassenauseinandersetzungen der spätkapitalistischen<br />

Gesellschaft, Das Argument, H. 45, Dez. 1967, S. 409 ff.<br />

31 Habermas, Technik und Wissenschaft als „Ideologie", edition suhrkamp<br />

187, S. 84.

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