Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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Soziale Bewegung und Politik 439<br />
logie- und sprach<strong>kritische</strong>r Immanenz ein Bild des nicht weiterhin<br />
hilflosen Antifaschismus abgeben sollte. Der Prozeß dieser immanenten<br />
Kritik, der eine überaus präzise Schlauheit eignet, könnte jetzt<br />
fast als allzu immanent erscheinen; die Schlauheit jedoch deutet an,<br />
welcher Anstalten es damals bedurfte, um einen Antifaschismus überhaupt<br />
zu denken, dem nicht die Hilflosigkeit an der Stirn geschrieben<br />
steht. Haugs Forderung nach einem analytischen Begriff von <strong>Faschismus</strong>,<br />
„der zugleich die historische Verflechtung der heute analysierenden<br />
Wissenschaft mit ihrem Gegenstand in die Analyse einbegreift"<br />
(33), wurde zu einer Zeit erhoben, als der radikal-demokratische Antifaschismus<br />
der Studentenbewegung sich noch nicht zur realen politischen<br />
Gewalt potenziert hatte. Als dies sich änderte, trug Haug dem<br />
Rechnung im Nachwort zur zweiten Auflage (1968), unter dem Titel:<br />
„Das Ende des hilflosen Antifaschismus", ein Ende, das dem hilflosen<br />
Antifaschismus nicht als immanente Naturkatastrophe zuwuchs, sondern<br />
mit den Mitteln des historischen Kampfs angesagt wurde. Eine<br />
Beurteilung von Haugs „Streitschrift" hat diese ihre Einbettung in<br />
der Geschichte des deutschen Antifaschismus zu berücksichtigen. Unfair,<br />
den Wert des Büchleins zur Irrelevanz einer solitären Position<br />
zu verdünnen, deren Überwindung im Nachwort der zweiten Auflage<br />
dokumentiert ist.<br />
Geradezu unüberholbar wirkt an der nüchternen Argumentation<br />
vor allem pädagogische Brauchbarkeit auch jetzt. Die in der Schrift<br />
enthaltenen nützlichen Anweisungen haben pädagogische Qualität<br />
nicht nur, weil sie es auf Umerziehung einiger älteren Erzieher abgesehen<br />
haben, sondern weil sie eine Theorie vorbereiten, die als Theorie<br />
des <strong>Faschismus</strong> zugleich dessen Abwehr einleiten will. Diese Abwehr<br />
ist nicht Sache des Geistes. Immer wieder daran zu erinnern, „daß<br />
der Kampf primär nicht um Ideen, sondern um Herrschaftspositionen<br />
im Prozeß sozialen Wandels geführt wird" (37), ist Herzstück der<br />
Arbeit, die einer falschen, idealistisch gewendeten und nicht umsonst<br />
gerade bei Wissenschaftlern beliebten <strong>Faschismus</strong>-Interpretation entgegenarbeitet.<br />
In der angestrengten oratio obliqua, die die idealistische<br />
Gegenposition unaufhaltsam anführt, verteidigt Haug den anti-idealistischen<br />
Standpunkt bis zur zentralen These von der „mittelbaren Bedeutung<br />
von Geistigem": „Wenn die fördernde Beziehung von Geistigem<br />
zum <strong>Faschismus</strong>, der Geistiges nur als Material kennt, untersucht<br />
werden soll, muß von der Voraussetzung ausgegangen werden,<br />
daß der <strong>Faschismus</strong> an Geistigem niemals direkt zu packen ist. Interessant<br />
ist also gerade die mittelbare Bedeutung von Geistigem für den<br />
<strong>Faschismus</strong>" (47). An anderer Stelle: „Man könnte zugespitzt sagen,<br />
daß das ,Direkte' theoretisch gerade uninteressant sei" (65). Mit,Ideologie',<br />
mit Ideen setzen die von Haug analysierten Texte den <strong>Faschismus</strong><br />
in direkten Bezug. „Indem Geistiges und Mentales ins Zentrum<br />
der Wesensbestimmung des <strong>Faschismus</strong> gestellt wird, schafft die Innerlichkeit<br />
sich ein Gegenstück nach ihrem Muster, wenn auch ein böses"<br />
(42). „An den untersuchten Texten läßt sich insgesamt ablesen, in<br />
welchem Ausmaß der Begriff ,Ideologie', quer durch die Fakultäten<br />
hindurch, in die allgemeine Wissenschaftssprache eingegangen ist. Wo