Lineare Algebra - SAM - ETH Zürich
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<strong>Lineare</strong> <strong>Algebra</strong> (2007)<br />
Kapitel 6 — Vektorräume mit Skalarprodukt<br />
Satz 6.6 Die im Gram–Schmidt–Orthogonaliserungsverfahren<br />
konstruierten Vektoren b 1 , b 2 , . . . sind normiert und paarweise<br />
orthogonal, und es gilt nach k Schritten<br />
span {a 1 , a 2 , . . . , a k } = span {b 1 , b 2 , . . . , b k } .<br />
Ist {a 1 , a 2 , . . . } eine Basis von V , so ist {b 1 , b 2 , . . . } eine Orthonormalbasis<br />
von V .<br />
Statt Gram–Schmidt–Orthogonalisierungsverfahren werden auch die<br />
Bezeichnungen Schmidtsches Orthogonalisierungsverfahren<br />
(vor allem in der deutschsprachigen Mathematik-Literatur) und<br />
klassisches Gram–Schmidt–Verfahren [classical Gram-Schmidt<br />
algorithm] (vor allem im wissenschaftlichen Rechnen) verwendet.<br />
Eine in Bezug auf die Rundungsfehler etwas genauere Version heisst<br />
modifiziertes Gram–Schmidt–Verfahren [modified Gram–<br />
Schmidt algorithm].<br />
Das Verfahren wird vor allem, aber nicht nur, im Falle V = E n<br />
verwendet. In diesem Fall gibt es allerdings diverse Alternativen.<br />
Wir werden sehen, dass man das Gram–Schmidt–Verfahren nicht<br />
nur für die Konstruktion einer Orthonormalbasis brauchen kann.<br />
Beweis von Satz 6.6: Es ist klar, dass ‖b k ‖ = 1 (∀k). Wir müssen<br />
zeigen, dass 〈b l , b k 〉 = 0 falls k ≠ l. Wir dürfen die Induktionsvoraussetzung<br />
machen, dass b 1 , . . . , b k−1 paarweise orthogonal sind. (Falls k = 1<br />
ist die Induktionsvoraussetzung leer; es ist deshalb keine eigentliche Verankerung<br />
nötig.) Dann folgt für l = 1, . . . , k − 1:<br />
〈 ]<br />
〉<br />
∑k−1<br />
{ }} {<br />
〈b l , b k 〉 = ‖˜b k ‖ −1 b l ,˜b k = ‖˜b k ‖<br />
[〈b −1 l , a k 〉 − 〈b j , a k 〉 〈b l , b j 〉<br />
= ‖˜b k ‖ −1[ 〈b l , a k 〉 − 〈b l , a k 〉 ] = 0 .<br />
j=1<br />
δ lj<br />
} {{ }<br />
= 〈b l , a k 〉<br />
Also sind sogar b 1 , . . . , b k paarweise orthogonal, und mit Induktion schliessen<br />
wir auf die paarweise Orthogonalität aller b j . Durch Induktion folgt<br />
sofort auch, dass b k ∈ span {a 1 , . . . , a k } , also<br />
span {b 1 , . . . , b k } ⊆ span {a 1 , . . . , a k } (∀k) .<br />
Nach Satz 6.3 sind b 1 , . . . , b k linear unabhängig, bilden also eine Basis<br />
von span {b 1 , . . . , b k }. Aus Dimensionsgründen folgt daraus direkt, dass<br />
span {b 1 , . . . , b k } = span {a 1 , . . . , a k }, vgl. Satz 4.7.<br />
Aufgrund der letzten Aussage in Satz 6.6 gilt insbesondere:<br />
Korollar 6.7 Zu einem Vektorraum mit Skalarprodukt von endlicher<br />
oder abzählbar unendlicher Dimension gibt es eine orthonormierte<br />
Basis.<br />
c○M.H. Gutknecht 30. September 2007 LA-Skript 6-9