Kursbuch 2011 / 2012
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Management<br />
Unser Leben<br />
als Kaleidoskop<br />
Erinnern Sie sich an das kleine Kartonröhrchen,<br />
gefüllt mit bunten Steinen, in<br />
das wir als Kinder voller Staunen hineingeschaut<br />
haben? Bei der geringsten Drehung<br />
des Röhrchens veränderte sich das<br />
bunte Bild, das durch Spiegelungen erzeugt<br />
wurde.<br />
Eine gute Metapher, um zu erklären, was<br />
der systemische Ansatz bedeutet, dem wir<br />
heute in vielen Seminaren und Lehrgängen<br />
begegnen. Eine winzige Veränderung – und<br />
das Gesamtbild ist anders! „Systemisch“<br />
wohlgemerkt – und nicht systematisch –,<br />
was vom Inhaltlichen her ein großer Unterschied<br />
ist. Im Gespräch dazu DI Kambiz<br />
Poostchi, Architekt, Unternehmensberater<br />
mit Schwerpunkt systemische Unternehmens-<br />
und Organisationsentwicklung, Coaching<br />
und Teamtraining. Lehrtätigkeit in<br />
systemischer Kommunikation, Mediation,<br />
Coaching und systemisches Leadership.<br />
Langjährige Trainingstätigkeit in Wirtschaft,<br />
Tourismus und Lehrerausbildung.<br />
Was ist der Unterschied zwischen „systematisch“<br />
und „systemisch“?<br />
„Systematisch“ beschreibt eine planvolle<br />
Vorgehensweise beim Lösen einer Aufgabe<br />
oder bei der Analyse eines Problems oder<br />
etwas, das nach einem Plan organisiert ist,<br />
der nachvollziehbar ist. „Systemisch“ beschreibt<br />
die Betrachtung von Phänomenen<br />
als Teil eines Systems oder eines Ganzen, im<br />
Zusammenhang mit anderen Phänomenen.<br />
Das heißt also, dass nicht das einzelne<br />
Phänomen im Mittelpunkt steht, sondern<br />
die Beziehung?<br />
Richtig. Ich gebe ein Beispiel: Denken Sie<br />
an eine Rose. Sie besteht aus einem Stängel,<br />
den Blättern, den Dornen, den Blütenblättern<br />
usw. Zerzupfen Sie die Rose und<br />
legen Sie die Einzelteile nebeneinander<br />
hin. Das ist weder schön noch ergibt es einen<br />
Sinn. Als Rose ist die Blume schön –<br />
man kann nichts davon einfach wegnehmen.<br />
Das Ganze verändert sich, wenn ein<br />
Teil fehlt, das Gesamtbild ist ein anderes.<br />
Als Nächstes betrachten wir die Funktion<br />
der Rose: einmal im Garten, dann auf dem<br />
Alles ist eingebettet in ein System an<br />
Beziehungen, nichts existiert isoliert<br />
auf der Welt.<br />
Frühstückstisch, in der Hand eines Verliebten<br />
und vor dem Maul eines hungrigen Kamels<br />
in einer Oase. Die Funktion ist in jedem<br />
Zusammenhang eine andere. Das trifft<br />
auf alle Systeme zu.<br />
Auf welche Bereiche lässt sich der systemische<br />
Ansatz anwenden?<br />
Weil es sich dabei um eine Haltung handelt,<br />
eine Art, die Welt zu betrachten, auf alle Bereiche.<br />
Das beginnt schon beim einzelnen<br />
Menschen und den Beziehungen in der Familie,<br />
im Freundeskreis, im Beruf. Alles ist<br />
eingebettet in ein System an Beziehungen,<br />
nichts existiert isoliert auf der Welt. Und<br />
wann immer es eine Änderung im System<br />
gibt, hat das Auswirkungen auf alle einzelnen<br />
Teile. Ganz deutlich sehen wir das in<br />
der Natur, wenn die Menschen in das Ökosystem<br />
eingreifen und die weitreichenden<br />
Konsequenzen ihres Tuns nicht abschätzen.<br />
Derzeit arbeiten wir besonders in den<br />
Bereichen systemisches Leadership, systemisches<br />
Coaching und systemisches Projektmanagement.<br />
„Dynamisches Gleichgewicht“ ist ein zentraler<br />
Begriff des systemischen Ansatzes. Was<br />
bedeutet das in Bezug auf das Führen von<br />
Unternehmen?<br />
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Unsere<br />
Welt ist zunehmend komplex und miteinander<br />
verknüpft, Veränderungen sind<br />
nicht mehr steuerbar. Führungspersonen<br />
sind besonders gefordert, weil es gegenwärtig<br />
zu einer Ablöse alter Führungsmethoden<br />
durch neue Strategien und Denkweisen<br />
kommt. Das Gleichgewicht in einer<br />
Organisation kann bestehen bleiben, wenn<br />
es dynamisch ist. Und dafür braucht es systemisch<br />
denkende Führungskräfte, Verantwortliche,<br />
die wissen, wie sie Kreativität,<br />
Intelligenz und soziales Denken ihrer Leute<br />
stärken – und dass sich diese Fähigkeiten im<br />
Team potenzieren. Ein Team muss man<br />
ebenso betrachten wie vorhin die Rose, als<br />
Ganzheit mit einem Eigenleben und mit einer<br />
Funktion nach außen hin.