Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
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Aliye Yegane Arani<br />
Zoroastrier. Damit sind die Repressionen gegen Baha6i nicht nur legitimiert,<br />
son<strong>der</strong>n in dem nicht-säkularen Staat sogar legalisiert worden. 31 Im allgemeinen<br />
werden die Repressionen unter an<strong>der</strong>en Vorwänden, wie <strong>der</strong> Unterstellung, die<br />
Baha6i wären "Agenten des Westens" o<strong>der</strong> "Zionisten", gerechtfertigt (Liga f.<br />
Menschenrechte 3, 1996: 5). 32<br />
Über 200 Hinrichtungen von Baha6i im Iran wegen ihres Glaubens sind seit<br />
1979 bekannt geworden. Baha6i wurden inhaftiert, gefoltert <strong>und</strong> enteignet. Ihre<br />
Friedhöfe <strong>und</strong> heiligen Stätten zerstört <strong>und</strong> geschändet. Baha6i erhalten keine<br />
Reisepässe <strong>und</strong> Ausreisevisen. Sie sind an den Universitäten <strong>und</strong> sogar an<br />
manchen Schulen nicht zugelassen. Über 10 000 Baha6i wurden <strong>aus</strong> dem öffentlichen<br />
Dienst entlassen <strong>und</strong> Rentenzahlungen eingestellt bzw. bereits geleistete<br />
Pensionen werden zurückgefor<strong>der</strong>t (Der Nationale Geistige Rat 1981 <strong>und</strong> 1985,<br />
Vahedi 1998, Hashemi, Adineh 1998, Sprung 1996). Nach Einschätzung <strong>der</strong><br />
Gesellschaft für bedrohte Völker, einer Menschenrechtsorganisation für verfolgte<br />
ethnische <strong>und</strong> religiöse <strong>Min<strong>der</strong>heiten</strong>, sind die Baha6i im Iran de facto<br />
vogelfrei (Gesellschaft für Bedrohte Völker 1997). 33<br />
Zahlreiche Resolutionen wurden von diversen Institutionen, wie <strong>der</strong> UNO,<br />
dem Europäischen Parlament, dem Kongreß <strong>der</strong> Vereinigten Staaten, dem Deutschen<br />
B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en zur Lage <strong>der</strong> Baha6i verabschiedet. In seinem<br />
letzten Bericht vom Oktober 1997 bestätigte <strong>der</strong> UN-Son<strong>der</strong>berichterstatter für<br />
den Iran, Maurice Copithorne, die anhaltend schlechte Menschenrechtssituation<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Baha6i. Als Reaktion auf den Bericht drückte die UNO-Generalversammlung<br />
nicht nur erneut ihre Sorge über die Ermordungen <strong>und</strong> Verfolgungen<br />
<strong>aus</strong>, son<strong>der</strong>n verlangte auch eine vollständige "Emanzipation" <strong>der</strong><br />
Baha6i im Iran. Unberührt von allen diesen Appellen hat sich ihre Lage bislang<br />
nicht verbessert.<br />
Auch <strong>der</strong> Amtsantritt des neuen iranischen Präsidenten Khatami, <strong>der</strong> von den<br />
EU-Län<strong>der</strong>n als Hoffnungsträger für eine Liberalisierung <strong>der</strong> lslamischen<br />
Republik im Iran gehandelt wird, bewirkte bislang hinsichtlich <strong>der</strong> Baha6i nichts.<br />
Im Gegenteil, die Lage scheint sich seit einiger Zeit sogar zu verschlechtern. Am<br />
21. Juli diesen Jahres, einen Tag nach <strong>der</strong> Abreise einer EU-Delegation <strong>aus</strong><br />
Teheran, fand in Maschhad seit sechs Jahren die erste Hinrichtung eines Baha6i<br />
wegen Apostasie statt. Ende September wurden zwei weitere Todesurteile<br />
<strong>aus</strong>gesprochen <strong>und</strong> ein dritter Baha6i zu zehn Jahren Haft verurteilt. Damit sind<br />
inzwischen insgesamt sechs wegen ihres Glaubens zu Tode verurteilte Baha6i in<br />
iranischen Gefängnissen inhaftiert. Darüber hin<strong>aus</strong> wurden seitdem in 14<br />
iranischen Städten 36 Baha6i-Lehrer gefangengenommen. Die offensichtlich<br />
zentral gesteuerte <strong>und</strong> von Beamten durchgeführte Verhaftungswelle ging einher<br />
mit <strong>der</strong> Beschlagnahmung von Büchern <strong>und</strong> Lehrmaterialien <strong>und</strong> <strong>der</strong> Plün<strong>der</strong>ung<br />
von über 530 Häusern von Baha6i-Familien <strong>und</strong> hatte zum Ziel eine von den<br />
Baha6i im Iran privat gegründete Hoschschule zu zerstören (taz: 7.12.1998).