13.12.2012 Aufrufe

Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der "Fall Ludin" in <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> Medienöffentlichkeit<br />

b<strong>und</strong>espolitische Bedeutung gibt, ist die Tatsache, daß Ludin als erster Fall einer<br />

muslimischen Lehrerin, die mit Kopftuch in den Schuldienst übernommen werden will,<br />

Vorbildcharakter für die Behandlung ähnlicher Fälle im B<strong>und</strong>esgebiet erhält. Er<br />

bekommt damit den Charakter einer Gr<strong>und</strong>satzentscheidung, denn, so Hermann Neu<br />

(Esslinger Zeitung, 14.6.1998): "Wird das Tragen des muslimischen Kopftuches als<br />

politische Demonstration gewertet, gelangt keine Lehrerin mit Kopftuch in den<br />

Staatsdienst". Doch zunächst soll ein Blick auf den Hergang <strong>der</strong> Ereignisse geworfen<br />

werden.<br />

Der "Fall" Ludin: ein chronologischer Rückblick<br />

Fereshta Ludin, eine 24jährige deutsche Staatsbürgerin afghanischer Herkunft, hatte<br />

das Lehramtsstudium an <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd<br />

erfolgreich abgeschlossen <strong>und</strong> sollte Anfang 1997 von dem zuständigen Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong><br />

Hauptschulseminar in eine Referendariatsstelle in Schwäbisch Gmünd vermittelt<br />

werden. Laut Bericht des Leiters des Seminars "sperrten sich" die zuständigen<br />

Schulleiter gegen die Referendarin, als sie erfuhren, daß sie beabsichtigte, mit<br />

Kopftuch zu unterrichten. Man befürchtete unter an<strong>der</strong>em, daß die muslimischen<br />

Schülerinnen sich an <strong>der</strong> Lehrerin ein Vorbild nehmen <strong>und</strong> z.B. die Teilnahme am<br />

Schwimm- o<strong>der</strong> Sportunterricht verweigern würden. Eine Anfrage des Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong><br />

Hauptschulseminars beim Kultusministerium ergab, daß man dort ebenfalls zunächst<br />

kein Verständnis für das Anliegen Frau Ludins hatte, mit Kopftuch das Referendariat<br />

absolvieren zu wollen. Dort hieß es, nur ohne Kopftuch stünde Frau Ludin <strong>der</strong> Antritt<br />

des Referendariats offen, denn das Kopftuch sei eine äußerliche Demonstration des<br />

Glaubens <strong>und</strong> somit etwa zu vergleichen mit Partei-Werbebuttons, <strong>der</strong>en Tragen<br />

ebenfalls verboten sei. Den Pädagogen sei untersagt, für weltanschauliche Dinge zu<br />

werben. Nur das christliche Symbol des Kreuzes sei von diesem Verbot <strong>aus</strong>genommen,<br />

da die Erziehung gemäß Gesetz auf christlicher Nächstenliebe <strong>und</strong> abendländischen<br />

Gr<strong>und</strong>werten basiere (Bericht in <strong>der</strong> Schwäbischen Donauzeitung, Ulm, vom 7.<br />

Februar 1997). Dieser Begründung hielt Frau Ludin entgegen, daß sie die For<strong>der</strong>ung,<br />

ihr Kopftuch abzulegen, als "Entwürdigung" empfinde <strong>und</strong> es keineswegs als Mittel<br />

für eine weltanschauliche Werbung trage son<strong>der</strong>n als "Teil ihrer Persönlichkeit". Es<br />

ginge ihr dabei nicht um die Außenwirkung. Sie berief sich dabei auf den Islam, <strong>der</strong><br />

das Tragen des Kopftuches festlege. Als nächsten Schritt entschied sich Frau Ludin,<br />

beim Verwaltungsgericht auf ihre Zulassung zum Schuldienst zu klagen. Der Verband<br />

Bildung <strong>und</strong> Erziehung (VBE) Baden-Württemberg wollte sie dabei unterstützen,<br />

indem er ihr Rechtsschutz zusicherte. Doch bevor <strong>der</strong> Fall bei den Gerichten anhängig<br />

werden konnte, kam es zu einer Än<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Entscheidung des<br />

Kultusministeriums. Rückendeckung mit dieser Entscheidung erhielt die<br />

Kultusministerin von Ministerpräsident Teufel, <strong>der</strong> meinte, entscheidend sei, was<br />

jemand im Kopf <strong>und</strong> nicht was er auf dem Kopf trage. Die Zulassung Ludins wurde<br />

171

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!