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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Gritt M. Klinkhammer<br />

Ayla - Islamisierung als Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens<br />

Gänzlich an<strong>der</strong>s stellt sich die Aneignung des Islam <strong>und</strong> die islamische<br />

Lebensführung im Falle Aylas dar.<br />

Sie ist 21 Jahre alt <strong>und</strong> studiert Englisch <strong>und</strong> Politik auf Lehramt. Nach<br />

ihrem Abitur hat sie eine radikale Ortstrennung von ihren Eltern vorgenommen:<br />

Sie lebt etwa 600 km von ihrer Heimatstadt entfernt.<br />

Ayla beschreibt ihr Elternh<strong>aus</strong> ähnlich wie Mihriban als "traditionell islamisch".<br />

Das bedeutet für sie, daß ihre Eltern keine "islamisch Gebildeten"<br />

sind, die den Koran studiert haben. Sie selbst hätte "die Religion von den<br />

Eltern mitbekommen ..., aber sich eigentlich nie viel Gedanken gemacht ...<br />

o<strong>der</strong> nie viel gelesen". Auch hätten sich die Eltern nicht am fünfmaligen<br />

Ritualgebet am Tag orientiert. Aber "gläubig" <strong>und</strong> Muslime seien die Eltern<br />

auch damals schon gewesen.<br />

Als Ayla 11 Jahre alt war, schickten die Eltern sie in einen Korankurs.<br />

Wahrscheinlich begann damals auch das Engagement des Vaters als Vorsitzen<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> DITIB-Moschee. Diesen wöchentlich stattfindenden Korankurs habe<br />

Ayla bis zu ihrem 15. Lebensjahr "unregelmäßig" besucht. Dort habe sie gelernt,<br />

den Koran in <strong>der</strong> arabischen Schrift zu rezitieren, nichts aber über ihre<br />

Religion: We<strong>der</strong> seien dort Übersetzungen zur Hand genommen noch Gespräche<br />

über den Islam geführt worden.<br />

Gleichzeitig habe sie in dieser Zeit generell "mit Religion ziemlich wenig<br />

zu tun" gehabt. Sie deutet diese Zeit, in <strong>der</strong> sie sich von <strong>der</strong> türkischen<br />

Migrantengesellschaft distanziert habe, als einen "Einschnitt" in ihrem Leben:<br />

"Ich fand ziemlich also vieles fand ich so negativ, ganz ganz vieles fand ich<br />

so negativ, daß ich mich dann halt auch von dieser [türkischen, d.V.]<br />

Gesellschaft abgewendet habe. Mit dreizehn hat das dann angefangen...<br />

ich wollte mit dieser Generation, mit meinen Eltern, mit den Fre<strong>und</strong>innen<br />

<strong>und</strong> ehm ... ich habe mich sehr wenig mit meiner Familie o<strong>der</strong> mit Fre<strong>und</strong>en<br />

<strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> so aufgehalten ... Ich habe mich mehr auf die Seite,<br />

auf eine sehr individualistische Seite, ich kann nicht sagen türkisch o<strong>der</strong><br />

deutsch, auf eine ganz an<strong>der</strong>e Art von Gesellschaft konzentriert. Das<br />

waren meine türkischen Fre<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> die gen<strong>aus</strong>o gedacht haben wie<br />

ich."<br />

Ayla beschreibt diese Phase <strong>der</strong> Pubertät, in <strong>der</strong> sie sich von ihren Eltern<br />

distanziert habe, als Zeit <strong>der</strong> Krise ohne eine konkrete Orientierung. So habe<br />

sie zwar eine atheistische, aber doch keine bewußt anti-religiöse Haltung<br />

eingenommen. Das Ergebnis dieser Situation sei eine tiefe Depression<br />

gewesen:

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