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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Partnerwahl <strong>der</strong> zweiten Migrantengeneration türkischer Herkunft<br />

Herkunftsgemeinde <strong>und</strong> ein neues Zugehörigkeitsgefühl zur Urlaubsgemeinde<br />

signalisiert.<br />

Migrationsdruck <strong>und</strong> Abschottungspolitik<br />

Nachdem bisher Faktoren im Mittelpunkt <strong>der</strong> Betrachtung standen, die auf<br />

Migrantenseite für eine Heiratsbeziehung mit Personen <strong>aus</strong> dem Herkunftsort<br />

sprechen, wird in diesem Abschnitt <strong>der</strong> Blick auf die <strong>Türkei</strong> gelenkt. Denn oft<br />

sind es nicht so sehr die Migranten in Europa, son<strong>der</strong>n in erster Linie die in <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> Lebenden, die an einer transnationalen Eheschließung interessiert sind.<br />

Seit dem Anwerbestopp betrachten <strong>aus</strong>wan<strong>der</strong>ungswillige türkische Männer die<br />

Heiratsmigration als die vergleichsweise beste Möglichkeit, zu einer<br />

Arbeitserlaubnis in Deutschland zu gelangen. Deshalb sind Töchter türkischer<br />

Migranten in <strong>der</strong> Heimat ihrer Eltern sehr gefragte Ehepartnerinnen (vgl. Böcker<br />

1994b: 98; Wilpert 1992: 183).<br />

Welche Bedeutung die Abschottungspolitik europäischer Staaten für die<br />

Beziehung zwischen Migranten <strong>und</strong> Migrationsaspiranten hat, zeigen die<br />

Feldforschungen, die Böcker bei türkischen Migranten in Nijmegen <strong>und</strong> in <strong>der</strong>en<br />

Herkunftsgemeinden durchgeführt hat. Die Angehörigen in <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> erwarten,<br />

daß die migrierten Verwandten ihnen mittels einer Eheschließung zur Einreise<br />

nach Europa verhelfen <strong>und</strong> daß deshalb ihren Söhnen bei <strong>der</strong> Partnersuche <strong>der</strong><br />

Vorrang vor Nicht-Verwandten gegeben wird. Da sie aber damit rechnen<br />

müssen, daß sie nicht die einzigen Verwandten sind, die solche Ansprüche<br />

geltend machen, versuchen sie, Druck auf die Migranten <strong>aus</strong>zuüben <strong>und</strong> ihnen<br />

eine Zusage abzuringen bevor an<strong>der</strong>e ihnen zuvorkommen. Manche Migranten<br />

fühlen sich dadurch so gedrängt, daß sie ihre Töchter früher "versprechen" als<br />

sie es eigentlich vorhatten. Inwiefern sie sich aber schließlich überreden lassen,<br />

ihren in <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> lebenden Familienangehörigen mittels einer Eheschließung<br />

zur Einreise zu verhelfen, hängt nicht zuletzt davon ab, unter welchen<br />

Umständen sie selbst nach Europa migriert sind. So sind nach Böckers<br />

Beobachtung Migranten, die erst seit kurzem in den Nie<strong>der</strong>landen leben <strong>und</strong><br />

selbst mit Hilfe ihrer Verwandten migrieren konnten, weit<strong>aus</strong> eher zur Hilfe<br />

bereit als Migranten, die bereits seit längerem in Europa leben bzw. dort<br />

aufgewachsen sind. Deshalb kann man davon <strong>aus</strong>gehen, daß die Hilfsbereitschaft<br />

im Lauf <strong>der</strong> Zeit sinkt.<br />

Bei jungen Frauen <strong>der</strong> zweiten Generation stößt das Migrationsinteresse <strong>der</strong><br />

Verwandten <strong>und</strong> Bekannten oft auf Ablehnung. Kibriye etwa schil<strong>der</strong>t ihre<br />

Besuche im Heimatort ihrer Eltern mit folgenden Worten: 13<br />

"Wenn wir in Urlaub gefahren sind, hab ich gedacht um Gottes Willen,<br />

wenn <strong>der</strong> Urlaub [nur bald] zuende ist! ... Du hattest gar keinen<br />

Urlaub gehabt, son<strong>der</strong>n dauernd Besuche. Wollt ich nicht mehr hin.<br />

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