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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Gerdien Jonker<br />

archisieren. In den neuen Generationen wächst das Bewußtsein, daß eine<br />

Professionalisierung in dieser Hinsicht unabwendbar ist.<br />

Zweitens. Die Kette, die das Gleichgewicht in den Moscheen beeinflußt, ist<br />

kurz: <strong>der</strong> Sensationsbedarf <strong>der</strong> Medien bedient das Mißtrauen gegen alles<br />

Islamische, dieses wie<strong>der</strong>um erschwert die Kommunikation. Es ist eine<br />

typische Begleiterscheinung <strong>der</strong> <strong>Min<strong>der</strong>heiten</strong>position, daß den Islamischen<br />

Gemeinden alles Übel angekreidet wird, das irgendwo auf <strong>der</strong> Welt im Namen<br />

dieser Religion begangen wird. Das Beispiel <strong>der</strong> muslimischen Erzieherinnen<br />

führt die Konsequenzen vor: Zwar existieren formelle Verfahren, die einen<br />

Zugang zur Mehrheitsgesellschaft ermöglichen würden, es gibt jedoch eine<br />

Abwehrhaltung, die jenseits des rationalen Diskurses liegt. Dieses Mißtrauen<br />

erschwerte bislang eine gewisse Pragmatik im Umgang mit den islamischen<br />

Gemeinden. Wäre dies nicht vorhanden, könnte man die Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

Gemeindearbeit in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stellen o<strong>der</strong> ihre Nützlichkeit für die Gesamtgesellschaft<br />

anerkennen. Das Mißtrauen führt ebenfalls dazu, daß die<br />

Stimmen in den Gemeinden, die die Abschottung theologisch untermauern,<br />

lauter werden.<br />

Drittens. In den wenigsten Fällen dominiert in den Berliner Moscheen eine<br />

religiöse Ideologie, die die Masse <strong>der</strong> Gläubigen unweigerlich <strong>und</strong> unabwendbar<br />

ins gesellschaftliche Abseits führen würde. Dort, wo sie in Teilbereichen<br />

zum Tragen kommt, wird sie von <strong>der</strong> mißtrauischen Haltung <strong>der</strong> deutschen<br />

Mehrheitsgesellschaft gegenüber den islamischen Gemeinden verstärkt. Das<br />

bedeutet, daß die Muslime, die in den Moscheen gegen eine Integration in die<br />

deutsche Mehrheitsgesellschaft predigen, die Evidenz auf ihrer Seite zu haben<br />

scheinen, während diejenigen, die für eine Integration plädieren, den Schein<br />

gegen sich haben. Was fehlt, ist eine möglichst praktische Unterstützung dieser<br />

letzten Gruppe.<br />

Viertens. Über welche Mechanismen zur Integration verfügt die Mehrheitsgesellschaft?<br />

Der deutsche Kontext hat für die Integration an<strong>der</strong>er Religionsgruppen<br />

nur wenige Angebote her<strong>aus</strong>gebildet. Amerikanische Religionssoziologen<br />

haben zum Beispiel wie<strong>der</strong>holt darauf hingewiesen, daß das religiöse<br />

Gemeindeleben in <strong>der</strong> Migration eine wichtige Rolle im Integrationsprozeß<br />

spielt. <strong>Religiöse</strong> Gemeinden schlagen für ihre Mitglie<strong>der</strong> eine Brücke zur<br />

Mehrheitsgesellschaft, sie warten mit sozialen Strukturen <strong>und</strong> einem Sinnangebot<br />

auf, die es dem einzelnen ermöglichen, sich einen Platz in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

zu schaffen. Sie sind ein Scharnier zwischen unten <strong>und</strong> oben, zwischen<br />

Bürger <strong>und</strong> Verwaltung, von dessen gutem Funktionieren eine Gesellschaft<br />

abhängig ist. Aufgr<strong>und</strong> solcher Überlegungen entschlossen sich die nie<strong>der</strong>ländische<br />

<strong>und</strong> die dänische Regierung bereits Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre, die<br />

lokalen islamischen Gemeinden finanziell zu unterstützen <strong>und</strong> beim Aufbau<br />

von Infrastrukturen behilflich zu sein. Damit war gesichert, daß die<br />

integrativen Gruppen gestärkt wurden <strong>und</strong> die Gemeinden ihre

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