Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
140<br />
Gerdien Jonker<br />
Solange diese Pläne jedoch nur auf Papier existieren, besteht eine Zweiteilung<br />
<strong>der</strong> Arbeit. Die ca. 90 hauptamtlich angestellten Imame besorgen die Liturgie,<br />
die Predigt sowie die Lehrtätigkeit. Die Seelsorge im Krankenh<strong>aus</strong> <strong>und</strong> im<br />
Gefängnis, die Arbeit mit Jugendlichen im Kiez <strong>und</strong> die über<strong>aus</strong> wichtige<br />
Beratung bei Familienproblemen wird indes ehrenamtlich geleistet. Die Arbeit<br />
wird hauptsächlich von einem Kreis von 930 Personen, die unentgeltlich in den<br />
Gemeinden mitarbeiten, bestritten (Statistisches Landesamt Berlin, August<br />
1998). Diese haben die fehlende Ausbildung zum Teil mit Kenntnissen <strong>aus</strong><br />
eigener Erfahrung kompensiert; zum Teil finden Schritte in Richtung auf<br />
Professionalisierung statt. Vor allem die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> dritten Generation sind<br />
motiviert, Berufe zu erlernen, mit denen sie die bisherige Selbsthilfearbeit auf<br />
professioneller Basis weiterführen <strong>und</strong> die Gemeinden in Zukunft entlasten<br />
können.<br />
Welche Hürden es dort zu überwinden gilt, lehrt uns die Geschichte <strong>der</strong> drei<br />
Kitas, die seit über zehn Jahren vom Islamischen Frauenverein Cemiyet-i-Nisa<br />
e.V. betreut werden. Als gemeinnütziger Verein finanzierten sie sich bislang<br />
<strong>aus</strong>schließlich von Platzgel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> zuständigen Senatsverwaltung <strong>und</strong> den<br />
Elternbeiträgen, die aber, da ein Großteil <strong>der</strong> Eltern arbeitslos war, eher gering<br />
<strong>aus</strong>fielen. Vor einem Jahr stellten sie einen Antrag auf Anerkennung als<br />
"Träger <strong>der</strong> freien Jugendhilfe" beim zuständigen Bezirks<strong>aus</strong>schuß.<br />
Der Ausschuß stellte "Transparenz" sowie "ein Bekenntnis gegen den F<strong>und</strong>amentalismus"<br />
als Bedingung <strong>und</strong> gab den Antragstellerinnen eine Probezeit<br />
von einem Jahr, dies unter Beweis zu stellen. Nach Ablauf des Jahres war für<br />
manche Mitglie<strong>der</strong> des Ausschusses die Transparenz im Umgang mit den<br />
muslimischen Erzieherinnen noch nicht erreicht, an<strong>der</strong>e aber stellten fest, daß<br />
es im Ausschuß sowie bei an<strong>der</strong>en Kitas viele Berührungsängste gäbe. So<br />
hatten die muslimischen Erzieherinnen wie<strong>der</strong>holt um einen Erfahrungs<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />
über das offene Hortkonzept gebeten, waren jedoch auf solche Schwierigkeiten<br />
bei <strong>der</strong> Kontaktaufnahme gestoßen, daß in dieser Beziehung keine<br />
Transparenz hergestellt werden konnte.<br />
Noch komplizierter gestaltete sich die Überprüfung des gefor<strong>der</strong>ten "Bekenntnisses<br />
gegen den F<strong>und</strong>amentalismus". Ein Teil <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> befand, daß<br />
die Kontakte zur Islamischen Fö<strong>der</strong>ation Berlin, die <strong>der</strong> Islamische Frauenverein<br />
bis 1993 gepflegt hatte, bereits einem Bekenntnis zum F<strong>und</strong>amentalismus<br />
gleichkäme, das auch für die heutigen Erzieherinnen noch Geltung habe. Die<br />
schriftliche Erklärung <strong>der</strong> Erzieherinnen, sie seien "parteipolitisch neutral" <strong>und</strong><br />
hätten keine Kenntnis von "Mitgliedschaften in an<strong>der</strong>en (islamischen) Organisationen",<br />
konnte diesen Verdacht bislang nicht <strong>aus</strong>räumen.<br />
"Treffpunkt Moschee"