13.12.2012 Aufrufe

Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Neue Islamische Weiblichkeit als Alternative<br />

Bewertung, aber das Projekt <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Frau <strong>und</strong> seine klassifizierende<br />

Wirkung ist nicht aufzuheben. Über die Mutter, die personifizierte gesellschaftliche<br />

Ohnmacht, kann Gül keine "authentische" weibliche Identität aufbauen.<br />

Das geht erst über den Ersatz, über die islamische Frau, die "selbstbewußt ist,<br />

die sich traut, in <strong>der</strong> Gesellschaft was zu machen, die deutsch kann <strong>und</strong> Auto<br />

fahren". Diese doppelt kompetente, "hybride" Frau löst den unerträglichen<br />

Gegensatz zwischen <strong>der</strong> traditionellen Frau, die Re-Zivilisierung <strong>und</strong> soziale<br />

Abwertung bedeutet, <strong>und</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Frau, die trotz Assimilation nie Gleichheit<br />

erreicht, son<strong>der</strong>n lediglich <strong>der</strong> bestehenden sozialen Hierarchie Anerkennung<br />

zollt, indem sie zeigt, daß auch sie, nachholend <strong>und</strong> damit abhängig, es<br />

schafft wie die an<strong>der</strong>en, ihre Kopie zu sein. Es ist, wie Güls attributive Zuordnungen<br />

zur positiven Frau deutlich macht, <strong>der</strong> Frauenkörper in seinem Verweis<br />

auf das Innere in Verbindung mit dem Öffentlichen, Gesellschaftlichen, an dem<br />

nicht nur die Bestätigung, son<strong>der</strong>n auch die Umordnung sozialer Ränge als<br />

Affirmation von Selbst <strong>und</strong> Klasse verläuft.<br />

Im Gegensatz zu <strong>der</strong> "traditionellen" Weiblichkeitskonstruktion, die gezeichnet<br />

ist durch Unterordnung unter männlich dominierte Autoritätsstrukturen,<br />

durch den Gegensatz von weiblicher Weichheit <strong>und</strong> männlicher Härte, von<br />

Körper <strong>und</strong> Intellekt, entwirft sich die Neue Islamische Weiblichkeit auf einer<br />

rationalen, "apollinischen" Basis (Green 1996). Damit sind verb<strong>und</strong>en:<br />

1. Die Konzeption <strong>und</strong> Repräsentation durch hochgradig disziplinierte <strong>und</strong><br />

reflektierte "Selbsttechniken" (Foucault 1993), die am eigenen Körper ansetzen<br />

Dazu gehören ein betont geordnetes Körperbild durch sorgfältige islamische <strong>und</strong><br />

zugleich modische Kleidung, die unbedingt das Kopftuch einschließt (vgl. auch<br />

Nökel 1999); ein möglichst korrektes Befolgen <strong>der</strong> islamischen Regeln - die<br />

täglichen fünf Gebete, das Fasten, das stete Reflektieren <strong>der</strong> eigenen Handlungen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Übereinstimmung mit Koran <strong>und</strong> Sunna, aber <strong>der</strong>gestalt, daß sie<br />

mit den alltagsweltlichen Anfor<strong>der</strong>ungen, z.B. den beruflichen, koinzidieren.<br />

Dazu gehört ebenfalls die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit islamischen Schriften, um<br />

sein Wissen ständig zu erweitern <strong>und</strong> um in <strong>der</strong> Lage zu sein, mit den an<strong>der</strong>en<br />

darüber zu kommunizieren <strong>und</strong> diskursfähig zu sein. Die Entwicklung zur<br />

Muslima <strong>und</strong> die stetige Weiterentwicklung als Muslima entspricht dem<br />

mo<strong>der</strong>nen, in Institutionen wie <strong>der</strong> Schule praktisch transformierten Paradigma<br />

vom Selbst, das seine Biographie, wenn nicht unbedingt bestimmt <strong>und</strong> wählt, so<br />

doch in die eigene Hand nimmt.<br />

2. Die höhere Moral des mo<strong>der</strong>nen Islam<br />

Die neo-islamische Weiblichkeit nähert sich dem traditionellen Konzept von<br />

Männlichkeit an. Dazu gehören rationales <strong>und</strong> zielstrebiges Planen <strong>der</strong> eigenen<br />

Biographie, beruflicher Ehrgeiz <strong>und</strong> Leistungsbereitschaft, disziplinierte <strong>und</strong><br />

reflektierte Sachlichkeit. Frauen <strong>aus</strong> sehr traditionell eingestellten, Geschlechtertrennung<br />

praktizierenden Familien begeben sich auf die "an<strong>der</strong>e Seite", indem<br />

199

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!