Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
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Die Baha6i in Deutschland<br />
auflebte. Während dieser Zeit zog er sich für zwei Jahre in die Berge Kurdistans<br />
zurück <strong>und</strong> lebte als Derwisch, bis er überredet wurde, zur Gemeinde<br />
zurückzukehren. 1863, kurz vor seiner Weiterverbannung durch die osmanische<br />
Regierung nach Konstantinopel, erklärte er seinen Anspruch, daß er, <strong>der</strong> in allen<br />
Hochreligionen Verheißene, die Manifestation Gottes sei, dessen Kommen <strong>der</strong><br />
B~b vor<strong>aus</strong>gesagt hatte. Die große Mehrheit <strong>der</strong> B~bis erkannte ihn an <strong>und</strong><br />
nannte sich von da an Baha6i. Noch im selben Jahr folgte eine weitere Verbannung<br />
Bah~6ullahs <strong>und</strong> seiner Familie nach Adrianopel (heute Edirne, <strong>Türkei</strong>).<br />
Eine kleine Gruppe unter <strong>der</strong> Führung seines Halbbru<strong>der</strong>s Mirza Yahya (auch<br />
Sobh-e Azal genannt), den <strong>der</strong> B~b als Führer <strong>der</strong> B~bi-Gemeinde eingesetzt<br />
hatte, wies Bah~6ullahs Anspruch zurück <strong>und</strong> verübte mehrere Mordanschläge<br />
auf ihn. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Unruhen infolge des Schisma <strong>und</strong> <strong>der</strong> bis ins Ausland<br />
gestiegenen Anziehungskraft Bah~6ullahs wurde Mirza Yahya mit seinen<br />
Anhängern, die auch Azalis genannt werden, nach Zypern geschickt <strong>und</strong><br />
Bah~6ullah wurde in die osmanische Strafkolonie Akka (heute Israel) verbannt.<br />
In die Zeit in Akka fällt die Nie<strong>der</strong>schrift seines wichtigsten Buches, des Kit~b-i-<br />
Aqdas (arab.: das Heilige Buch). 6 Dieses heiligste Buch <strong>der</strong> Baha6i 7 enthält<br />
neben den Gr<strong>und</strong>lagen zur Verwaltungsordnung, Gesetze, Gebote <strong>und</strong> Ermahnungen.<br />
In ihm for<strong>der</strong>t Bah~6ullah u.a. die Einsetzung einer Welthilfssprache<br />
<strong>und</strong> die Einigung <strong>der</strong> Religionen. Der heilige Krieg wird verboten sowie die<br />
Priesterschaft, die Auslegung <strong>der</strong> Heiligen Schrift, die Beichte <strong>und</strong> die Vernichtung<br />
von Büchern. In Sendschreiben an die Könige <strong>und</strong> Führer <strong>der</strong> Welt,<br />
darunter neben dem Schah von Persien <strong>und</strong> dem Groß-Wesir des osmanischen<br />
Reichs, Napoleon III., Königin Viktoria, Zar Alexan<strong>der</strong> II. von Rußland, Papst<br />
Pius IX. sowie die Würdenträger <strong>der</strong> verschiedenen Religionen appellierte<br />
Bah~6ullah an die gesamte Weltgemeinschaft, sich für die Errichtung des<br />
Weltfriedens einzusetzen. Er for<strong>der</strong>te sie dazu auf, eine allgemeine Abrüstung<br />
vorzunehmen <strong>und</strong> skizzierte einen Staatenb<strong>und</strong>, <strong>der</strong> auf einer Versammlung <strong>der</strong><br />
Fürsten begründet werden sollte.<br />
Bis zu seinem Tode 1892 lebte Bah~6ullah als Gefangener <strong>der</strong> osmanischen<br />
Regierung, was zum Ende seines Lebens durch einen H<strong>aus</strong>arrest unweit von<br />
Akka gemil<strong>der</strong>t wurde. In den 39 Jahren seines Lebens hatte Bah~6ullah noch die<br />
Ausbreitung <strong>der</strong> von ihm gestifteten Religion in Län<strong>der</strong>n wie Indien, Birma,<br />
Rußland, <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, Irak, Syrien, Palästina <strong>und</strong> Ägypten erlebt (Shoghi Effendi<br />
1954: 429, Meinhold 1978: 325).<br />
Bah~6ullah hatte testamentarisch seinen ältesten Sohn, Abbas Effendi, <strong>der</strong> den<br />
Titel 7Abdu6l-Bah~ (arab.: Diener Bah~s) (1844-1921) annahm, als Führer <strong>der</strong><br />
Gemeinde <strong>und</strong> einzigen autorisierten Interpreten seiner Lehren - als Mittelpunkt<br />
des Bündnisses (mit Gott) - bestimmt. Noch während seines Vaters Lebzeiten<br />
hatte dieser ihm schon einen Großteil <strong>der</strong> organisatorischen Gemeindearbeit<br />
abgenommen. Bah~6ullah selbst hatte sich die letzten Jahre seines Lebens auf<br />
eine große Korrespondenz <strong>und</strong> die Verfassung seines umfangreichen religiösen<br />
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