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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Yasemin KarakaÕo—lu-Ayd9n<br />

hartnäckig am Kopftuch festhält. Stecken dahinter islamische Interessensgruppen,<br />

die sie beauftragt haben?" (Heike Schmoll in <strong>der</strong> FAZ vom<br />

28.7.1998). An<strong>der</strong>e nennen es auch ein "stures Beharren auf Verhüllung" (Thomas<br />

Ducks in Schwarzwäl<strong>der</strong> Bote vom 14.7.1998) o<strong>der</strong> eine "Demonstration"<br />

bzw. "Provokation", womit jeweils eine Mutwilligkeit <strong>der</strong> Trägerin in ihrem<br />

Handeln als gegen an<strong>der</strong>e Personen gerichtet zum Ausdruck gebracht werden<br />

soll. Derartig in Gegensatz gebracht zur sogenannten deutschen Kultur wird<br />

Ludin schließlich unterstellt, die Erziehungsziele, die sie als Lehrerin an einer<br />

deutschen Schule "vorleben" müsse, seien Ziele, "die sie selbst als ihrem Wesen<br />

so fremd empfindet" (Jörg Bischoff in Schwäbische Donauzeitung 27.2.1997).<br />

Die Motivation für Ludins Wunsch, als Lehrerin an einer öffentlichen Schule<br />

eingestellt zu werden, kann also <strong>aus</strong> Sicht <strong>der</strong> Vertreter dieser Position nur den<br />

Hintergr<strong>und</strong> religiös-politischen Indoktrinationswillens haben. So wird ihr<br />

unterstellt, sie sei "offenk<strong>und</strong>ig gelenkt" durch islamische Staaten o<strong>der</strong> Interessensgruppen<br />

(Stuttgarter Zeitung 22.2.1997), um das b<strong>und</strong>esdeutsche Bildungssystem<br />

von innen zu unterwan<strong>der</strong>n (Leserbrief in Stuttgarter Nachrichten<br />

22.2.1997).<br />

Hinter diesen Argumentationslinien, die deutlich spekulative <strong>und</strong> emotionale<br />

Färbungen aufweisen <strong>und</strong> stark von Antizipationen geprägt sind, tritt die<br />

ursprüngliche, eher sachliche Argumentation, daß die Schule ein vollständig<br />

bekenntnisneutraler Raum sein sollte, was auch die Person des Lehrers einschließe,<br />

<strong>und</strong> daß es um eine sachgerechte Gewichtung von passivem <strong>und</strong> aktivem<br />

Recht auf Religionsfreiheit gehe (vgl. Leserbrief in <strong>der</strong> Badischen Zeitung<br />

14.7.1998), zurück. Der Focus <strong>der</strong> Diskussion schwenkt, das kann anhand <strong>der</strong><br />

Pressebeispiele hier gezeigt werden, von <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> allgemeinen Bekenntnisneutralität<br />

von Schule <strong>und</strong> Lehrkörper auf die inhaltliche Bedeutung des<br />

Kopftuch-Tragens <strong>und</strong> eine Diskussion um die Unverhandelbarkeit <strong>und</strong> Universalität<br />

christlich-abendländischer, humanistischer Werte <strong>der</strong> Aufklärung. Es<br />

entsteht <strong>der</strong> Eindruck, daß <strong>der</strong> Versuch gemacht wird, über eine Abgrenzung<br />

gegenüber dem als f<strong>und</strong>amentalistisch stigmatisierten Symbol Kopftuch eine<br />

Selbstvergewisserung <strong>der</strong> eigenen, als universalistisch deklarierten Werte zu<br />

erzielen (siehe hierzu auch Thomas 1998: 56). Der Fall Ludin dient somit <strong>der</strong><br />

Festschreibung von verbindlichen Werten <strong>und</strong> Normen in einer sich ansonsten<br />

als offen <strong>und</strong> pluralistisch verstehenden Gesellschaft (Denkschrift 1995: 29ff.).<br />

Die Subjektperspektive: Öffentliche Aussagen Ludins<br />

Nicht das Tragen eines religiösen Symbols (wie z.B. auch Kreuz o<strong>der</strong> Kippa) in<br />

<strong>der</strong> Schule ist also <strong>aus</strong>schlaggebend für die Entscheidung, Ludin nicht anzustellen,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> antizipierte Konflikt zwischen den Werten, die laut Landesverfassung<br />

in <strong>der</strong> Schule vermittelt werden sollen, <strong>und</strong> denjenigen, die Ludin mit

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