Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
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Heidi Armbruster<br />
Yonan, Gabriele 1989. Ein vergessener Holoc<strong>aus</strong>t. Die Vernichtung <strong>der</strong> christlichen<br />
Assyrer in <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>. Göttingen-Wien: Gesellschaft für bedrohte<br />
Völker.<br />
Anmerkungen<br />
1. Suryoye sind in Deutschland auch als "Aramäer" o<strong>der</strong> "Assyrer" bekannt. Beide Begriffe<br />
sind eingeb<strong>und</strong>en in kontroverse Diskussionen innerhalb <strong>der</strong> Gruppe selbst, <strong>und</strong> die<br />
Bevorzugung des einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en deutet meist auf eine ideologische Haltung hin.<br />
Ich bevorzuge den Begriff "Suryoye", auch weil sich alle syrischen Christen <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> damit identifizieren können.<br />
2. Kthobonoyo heißt genau übersetzt die "Sprache des Buches". Es handelt sich dabei um<br />
eine Form des Aramäischen, die im 2. Jahrh<strong>und</strong>ert n. Chr. im Raum Edessa (heute Urfa,<br />
TK) gesprochen <strong>und</strong> geschrieben wurde.<br />
3. Diese Person hat in ihrem türkischen Paß allerdings einen an<strong>der</strong>en Namen. Die<br />
Nachnamen <strong>der</strong> Suryoye in <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> sind alle "türkisch", was ein Ergebnis <strong>der</strong><br />
offiziellen Einführung des Familiennamens für alle BürgerInnen <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> im Jahre<br />
1934 ist. Diese Namen wurden sozusagen verordnet. Vornamen sind ebenfalls häufig<br />
türkisch, weil viele Suryoye ihre Kin<strong>der</strong> vor Diskriminierung in einer türkischen<br />
Umwelt schützen wollten. Seit einigen Jahren gibt es unter Suryoye in Europa die<br />
Tendenz, ihre wirklichen Namen offizialisieren zu lassen, um einen Aspekt ehemaliger<br />
Zwangstürkifizierung abzulegen.<br />
4. Der Ausdruck fayishina yatume, wörtl. "wir sind Waisen geblieben", ist generell ein<br />
Ausdruck für "Einsamkeit". Diese Metapher zeigt auch an, daß dieser Zustand mit<br />
einem Verlust von Familienbindung assoziiert wird.<br />
5. Im Bereich unserer westlichen Gesellschaften haben Feministinnen oft darauf hingeweisen,<br />
daß es sich hierbei mehr um ideelle Konzepte als um Tatsachen handelt. Nicht<br />
selten ist das H<strong>aus</strong> o<strong>der</strong> Heim abgeschirmtes Territorium <strong>der</strong> Gewalt an Kin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />
Frauen. Ich spreche hier allerdings von Gewalt <strong>und</strong> Bedrohung <strong>der</strong> Minorität von<br />
außen.<br />
6. So gab es in den letzten Jahren auch Räumungen von Dörfern durch türkisches Militär,<br />
o<strong>der</strong> völlige Entleerung durch Emigration. In solchen Fällen ist eine Rückkehr, <strong>und</strong> sei<br />
es zu Besuchszwecken, meistens unmöglich.<br />
7. Das hängt vor allem mit dem militärischen Ausnahmezustand in <strong>der</strong> Südosttürkei zusammen.<br />
Suryoye im Tur Abdin haben aber auch davon abgesehen eine klare Einteilung<br />
ihres Umfeldes in "sicher" o<strong>der</strong> "unsicher".<br />
8. Das hängt neben an<strong>der</strong>en Faktoren auch mit dem deutschen Asylrecht zusammen.<br />
9. An <strong>der</strong> Verschlechterung kurdisch-christlicher Beziehungen, vor allem seit <strong>der</strong> zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts, waren Europäer nicht unbeteiligt. Die innen- <strong>und</strong><br />
außenpolitische Krisenperiode des osmanischen Reiches wurde von den europäischen<br />
Mächten vorangetrieben, die sich immer maßloser in die Angelegenheiten des Reiches<br />
einmischten. Vor allem Großbritannien hatte sich zur Schutzmacht armenischer,<br />
syrischer <strong>und</strong> nestorianischer Christen <strong>der</strong> an den Kaukasus angrenzenden Region<br />
erklärt <strong>und</strong> in ihrem Namen Reformen verlangt. Die Anwesenheit <strong>der</strong> protestantischen<br />
Missionen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Errichtung von Schulen <strong>und</strong> Krankenhäusern hat die