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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Partnerwahl <strong>der</strong> zweiten Migrantengeneration türkischer Herkunft<br />

Ein weiteres Problem besteht darin, daß die amtlichen Statistiken keine Möglichkeit<br />

bieten, zu unterscheiden, ob Migranten hier geboren <strong>und</strong> aufgewachsen,<br />

o<strong>der</strong> ob sie erst vor kurzem eingewan<strong>der</strong>t sind. Aus diesem Gr<strong>und</strong> läßt sich das<br />

Heiratsverhalten <strong>der</strong> zweiten Generation auch nicht von dem <strong>der</strong> übrigen<br />

Einwohner türkischer Staatsangehörigkeit unterscheiden.<br />

In einem Zwischenfazit läßt sich somit festhalten, daß amtliche Statistiken<br />

erstens von Migranten geschlossene Ehen nur unvollständig erfassen, daß sie<br />

zweitens nicht dazu geeignet sind, Entwicklungen des Heiratsverhaltens von<br />

Migranten nachzuvollziehen, daß sie drittens keine Anhaltspunkte hinsichtlich<br />

inter-ethnischer Annäherungsprozesse liefern <strong>und</strong> daß sie schließlich viertens<br />

keine Möglichkeit bieten, das Heiratsverhalten <strong>der</strong> ersten von dem <strong>der</strong> zweiten<br />

Migrantengeneration zu unterscheiden.<br />

Partnerwahl von Migranten in den USA <strong>und</strong> Großbritannien<br />

Aus <strong>der</strong> US-amerikanischen Migrationsforschung liegen einige Analysen darüber<br />

vor, wie sich dort das Heiratsverhalten von Migranten im Lauf <strong>der</strong> Zeit<br />

verän<strong>der</strong>t hat. Dabei ist zu beachten, daß diese Studien sich auf Zeiträume<br />

beziehen, die wesentlich länger angelegt sind als die relativ kurze Zeitspanne<br />

von drei Jahrzehnten türkischer Migration nach Deutschland.<br />

Der Migrationshistoriker Paul Spickard (1989: 351ff.) zeigt am Beispiel<br />

japanischer <strong>und</strong> jüdischer Einwan<strong>der</strong>er, wie sich die Kriterien <strong>der</strong> Ehepartnerwahl<br />

von Generation zu Generation verschieben. Die erste Generation legte bei<br />

ihrer Partnersuche großen Wert auf die regionale Herkunft, <strong>und</strong> zwar auf die<br />

gemeinsame Herkunft <strong>aus</strong> <strong>der</strong>selben Stadt o<strong>der</strong> demselben Landstrich. Wer<br />

selbst <strong>aus</strong> einem Dorf bei Hieroshima migriert war, bevorzugte zunächst Partner<br />

<strong>aus</strong> eben diesem Dorf. Dann kamen Nachbardörfer <strong>und</strong> schließlich an<strong>der</strong>e Dörfer<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Gegend um Hieroshima in Betracht. Erst wenn auch dort keine<br />

passenden Partner gef<strong>und</strong>en werden konnten, wich man auf an<strong>der</strong>e Regionen<br />

Japans <strong>aus</strong>. Überdies war es für die erste Generation japanischer <strong>und</strong> jüdischer<br />

Einwan<strong>der</strong>er wichtig, daß ihre Partner o<strong>der</strong> Partnerinnen <strong>der</strong>selben religiösen<br />

Unterglie<strong>der</strong>ung angehörten wie sie selbst. So heirateten orthodoxe jüdische<br />

Immigranten bevorzugt orthodoxe Juden <strong>und</strong> keine Reformjuden.<br />

Die zweite Generation achtete weit weniger auf die genaue regionale Herkunft<br />

ihrer Ehegatten. Ihr genügte es, wenn das Herkunftsland übereinstimmte.<br />

Die dritte Generation hielt schließlich auch die Unterscheidung unterschiedlicher<br />

Glaubensrichtungen für irrelevant <strong>und</strong> orientierte sich vor allem daran, ob<br />

jemand <strong>der</strong> gleichen Religionsgemeinschaft angehörte.<br />

Spickard schließt <strong>aus</strong> dem Vergleich mehrerer Herkunftsgruppen, daß sich<br />

jede Gruppe ihre eigene Hierarchie präferierter Partner konstruiert, die sowohl<br />

<strong>aus</strong> den historischen Vorstellungen resultiert, die eine Gruppe über sich <strong>und</strong> über<br />

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