Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
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Die Verortung <strong>der</strong> islamischen Gemeinden im deutschen Umfeld<br />
Berlins, die <strong>aus</strong> einem islamischen Land kommen, sind jünger als 30 Jahre<br />
(Enquete <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beauftragten 1997). Auch wenn nach unseren Erkenntnissen<br />
nur ca. 15 Prozent <strong>der</strong> Erwachsenen <strong>und</strong> 5 Prozent <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
regelmäßig eine Moschee aufsuchen, ist die Nachfrage in den Moscheen nach<br />
Kitas <strong>und</strong> Jugendräumen, Nachhilfe <strong>und</strong> Nachmittagsbetreuung groß. In den<br />
Bezirken Kreuzberg <strong>und</strong> Neukölln gibt es überdies gravierende Drogenprobleme,<br />
<strong>der</strong>en Bekämpfung eine Reihe von Moscheen aufgenommen haben, ohne<br />
auf professionelle o<strong>der</strong> finanzielle Unterstützung von außen rechnen zu können.<br />
Als Antwort auf diese Problemlage haben viele Moscheen neben ihren<br />
religiösen Dienstleistungen weitere soziale Angebote entwickelt, wie soziale<br />
Dienstleistungen, Kurse <strong>und</strong> Selbsthilfeprojekte. Damit ist bereits eine Sozialstruktur<br />
entstanden, die eine Anknüpfung an die überwölbende soziale Struktur<br />
<strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft erlaubt. Sie wird von vielen Gemeinden auch<br />
gewünscht.<br />
Die Untersuchung zeigte uns weiter, daß nahezu alle islamischen Gemeinden<br />
sozial isoliert sind. Man kann die Frage stellen, ob dies etwas mit <strong>der</strong><br />
Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> islamischen Theologie zu tun hat. Die islamische Theologie<br />
hält Möglichkeiten bereit, sich im Falle schlechter Ausgangsbedingungen<br />
gedanklich von <strong>der</strong> nicht-islamischen Mehrheitsgesellschaft zu distanzieren.<br />
Und es gibt in den Moscheen tatsächlich Stimmen, die für eine Separierung<br />
argumentieren. Damit stellt sich sogleich die Frage, welche Rolle die Interaktion<br />
zwischen den religiösen Gemeinden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft in<br />
dieser Situation spielt. Welche Bedingungen gibt es für Interaktion?<br />
Schaut man sich, wie wir es in Berlin taten, im Detail an, wie auf Behörden-<br />
<strong>und</strong> Bezirksebene mit Anträgen <strong>und</strong> Bitten <strong>der</strong> islamischen Gemeinden umgegangen<br />
wird, welche Kontakte zum Senat <strong>und</strong> zu den Kirchen existieren, wie<br />
die Interaktion mit deutschen Nachbarn <strong>und</strong> Vermietern verläuft, dann kommt<br />
man zu dem Schluß, daß die Bedingungen nicht gut sind. Fügt man hinzu, wie<br />
in den Medien über den Islam berichtet o<strong>der</strong> in den Verwaltungsgerichten über<br />
den Inhalt dieser Religion geurteilt wird, dann liegt <strong>der</strong> Schluß nahe, daß diese<br />
Rahmenbedingungen die augenblickliche Situation <strong>der</strong> islamischen Gemeinden<br />
maßgeblich mitbestimmen. Es existieren überdies, zumindest gilt das für<br />
Berlin, kaum öffentliche Strukturen, in denen <strong>der</strong> Stimme <strong>der</strong> islamischen<br />
Gemeinden ein Platz eingeräumt wird. Damit ist ein wichtiges Prinzip<br />
demokratischer Öffentlichkeit bislang vernachlässigt worden.<br />
Die in Berlin erhobenen Daten sind bereits an<strong>der</strong>weitig publiziert worden<br />
(Jonker <strong>und</strong> Kapphan 1999). In diesem Beitrag sollen mit ihrer Hilfe Überlegungen<br />
angestellt werden, wie eine politische <strong>und</strong> soziale Vernetzung dieser<br />
Gemeinden mit <strong>der</strong> lokalen Struktur möglich wird.<br />
Einblick in die Moscheenlandschaft Berlins<br />
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