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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Yasemin KarakaÕo—lu-Ayd9n<br />

Zwang statt durch nachvollziehbares Überzeugen zu einer solchen Sache zu<br />

bewegen. Es ist ein sehr wichtiger Gr<strong>und</strong>satz im Islam, daß es keinen Zwang im<br />

Glauben gibt." Der Entschluß einer Schülerin, kein Tuch zu tragen, wäre auch<br />

kein Problem für sie, "weil ich eben gegen Zwang bin. Gerade in Sachen<br />

Glauben. Ich verlange von niemandem, ein Kopftuch zu tragen." (Spiegel,<br />

20.7.1998)<br />

Anti-Feminismus-Vorwurf<br />

Zum Vorwurf, mit dem Kopftuch ein antimo<strong>der</strong>nes Frauenbild zu propagieren,<br />

nimmt sie Bezug auf ihre eigenen Lebensumstände, die eine solche Haltung<br />

nicht spiegelten. So habe sie ihren Mädchennamen nach <strong>der</strong> Eheschließung<br />

behalten, "<strong>aus</strong> islamischen wie emanzipatorischen Gründen", <strong>und</strong> sieht keinen<br />

Wi<strong>der</strong>spruch darin, berufstätig zu sein, während ihr Mann als arbeitsloser Lehrer<br />

den H<strong>aus</strong>halt führt. (Süddeutsche Zeitung, 23.7.1998)<br />

Vorwurf, die Bekenntnisneutralität <strong>der</strong> Schule zu verletzen<br />

Ihrer Meinung nach sollte die Schule auch gesellschaftliche Wirklichkeit wi<strong>der</strong>spiegeln<br />

(Die Zeit, 23.7.1998). "Die Schule spiegelt die Gesellschaft wi<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

damit ihre Vielfalt. Die Lehrer davon <strong>aus</strong>zuschließen, würde das Lehren von<br />

Toleranz unglaubwürdig machen." (Spiegel, 20.7.1998)<br />

Auffällig ist, daß in keinem <strong>der</strong> bisher zitierten Artikel Bezug genommen wird<br />

auf ihr tatsächliches Selbstverständnis als Lehrerin <strong>und</strong> ihre pädagogischen<br />

Ziele. Die Konzentration auf das Symbol Kopftuch bewirkt, daß man sich gar<br />

nicht erst mit ihrem professionellen pädagogischen Anspruch befaßt, son<strong>der</strong>n<br />

glaubt, mit einer Identifikation ihrer religiösen Orientierung auch ihre Untauglichkeit<br />

zur Vermittlung säkularer westlicher Werte bewiesen zu haben. Da<br />

man ihr unterstellt, sie habe kein säkulares Verständnis von Bildung <strong>und</strong><br />

Erziehung, was den Vorwurf des Islamismus impliziert, wird weiter geschlossen,<br />

daß ihre Religiosität zwangsläufig ihr pädagogisches Handeln als Lehrerin<br />

dominiere <strong>und</strong> sie daher nicht dem staatlichen Erziehungsauftrag, <strong>der</strong> von den<br />

einen als <strong>der</strong> Neutralität, von an<strong>der</strong>en als den christlich-abendländischen Werten<br />

verpflichtet definiert wird, gerecht werden könne.<br />

Schlußbemerkung<br />

Die Baden-Württembergische Entscheidung in Sachen Kopftuch einer Lehrerin<br />

wird in dieser Schärfe nicht von allen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n unterstützt. So betonte die<br />

NRW-Bildungsministerin Behler in ihrer Pressemitteilung vom 14. Juli 1998,<br />

daß sie sich für einen "behutsameren Umgang mit religiösen Überzeugungen im<br />

Zusammenhang mit Fragen des Dienstrechts" <strong>aus</strong>spräche (zit. nach: IDA-NRW:

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