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Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...

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Der "Fall Ludin" in <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> Medienöffentlichkeit<br />

"Es gibt sehr wohl auch emanzipierte Frauen islamischen Glaubens, die auch<br />

wissenschaftlich gebildet sind, aber ganz bewußt ihr Kopftuch tragen <strong>und</strong> sich<br />

davon in keiner Weise eingeengt, son<strong>der</strong>n zum Teil auch befreit fühlen." (Abg.<br />

Berroth)<br />

Akzeptanz wird als "gelebte Toleranz" bezeichnet, <strong>der</strong> pädagogischen Praxis Vorrang<br />

vor <strong>der</strong> Symbolhaftigkeit einer äußeren Erscheinung gegeben, die positive Religionsfreiheit<br />

für das persönliche Bekenntnis auch im Falle <strong>der</strong> Lehrerinnen wird betont.<br />

Rezeption des Falles in <strong>der</strong> Medienöffentlichkeit<br />

Die Rezeption des Falles in <strong>der</strong> Medienöffentlichkeit spiegelt die Debatten im Landtag<br />

wi<strong>der</strong>, alle genannten Argumente wie<strong>der</strong>holen sich in den hier anhand eines induktiv<br />

gewonnenen Kategorienschemas <strong>aus</strong>gewerteten 227 Artikeln, Kommentaren <strong>und</strong><br />

Leserbriefen. Im folgenden soll daher eine Konzentration auf den Zusammenhang <strong>der</strong><br />

zwischen dem Tragen des Kopftuches <strong>und</strong> <strong>der</strong> Befürwortung bzw. Ablehnung bestimmer<br />

Werte <strong>und</strong> Normen hergestellt wird, stattfinden.<br />

Die Argumentation <strong>der</strong> Befürworter einer Einstellung Ludins in den Schuldienst<br />

weist deutliche Parallelen zu <strong>der</strong> <strong>der</strong> F.D.P.-Landtagsfraktion auf.<br />

-Sie berufen sich ebenfalls auf das Toleranzgebot, <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n, Ludins äußere<br />

An<strong>der</strong>sartigkeit müsse "<strong>aus</strong>gehalten" bzw. "ertragen" werden.<br />

-Die Vertreterer dieser Position nehmen Ludins Begründung für das Kopftuchtragen,<br />

es sei als Teil ihres religiösen Bekenntnisses auch Teil ihrer Persönlichkeit, ernst.<br />

Sie sind <strong>der</strong> Ansicht, wenn eine Person <strong>aus</strong>ländischer Herkunft <strong>und</strong> nicht-chistlicher<br />

Religionszugehörigkeit das deutsche Schulsystem durchlaufen <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> eine<br />

akademische Bildung in Deutschland erhalten hat, so sei dies ein Hinweis auf ihre<br />

Verankerung in <strong>der</strong> Gesellschaft <strong>und</strong> die Akzeptanz ihrer Werte. Ludins Wunsch,<br />

als Lehrerin an einer staatlichen Schule, die sich christliche Gemeinschaftsschule<br />

nennt, tätig werden zu wollen, beweise ebenfalls ihre gr<strong>und</strong>sätzliche Verankerung<br />

in dieser Gesellschaft <strong>und</strong> daß sie "ihren Glauben auf den privaten Bereich ihres<br />

Gewissens beschränkt <strong>und</strong> nicht als Politik verstanden wissen will" (Dilek<br />

Zaptç9o—lu in <strong>der</strong> taz vom 18./19.7.1998)<br />

-Eine solche sichtbar nicht-christliche Person baue mit ihrer Erscheinung <strong>und</strong> ihrem<br />

Handeln sogar "eine Brücke zur westlichen Gesellschaft" (die sektenpolitische<br />

Sprecherin <strong>der</strong> SPD-Fraktion Carla Bregenzer in den Stuttgarter Nachrichten<br />

26.5.1997). Damit gebe es eine Möglichkeit "Toleranz von amtlicher Seite<br />

vorzuleben, Wertneutralität des Staates in <strong>der</strong> Tat zu beweisen". Das Kopftuch<br />

erhält auch hier Signalwirkung, allerdings "als Signal für Toleranz <strong>und</strong> Respekt"<br />

(Zaptç9o—lu, a.a.O.).<br />

-Maßstab zur Ablehnung Ludins könne allenfalls ein konkretes, gesetzeswidriges<br />

Handeln sein, das erst erfolgt sein müsse <strong>und</strong> ihr nicht bereits im Vorfeld aufgr<strong>und</strong><br />

eines äußeren Merkmals, dessen Bedeutung sehr ambivalent <strong>und</strong> daher von außen<br />

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