Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
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Georges Tamer<br />
-Der soziale Zusammenhalt <strong>der</strong> Gruppen wird vornehmlich durch das gemeinsame<br />
Feiern an bedeutenden kirchlichen Festtagen wie Weihnachten<br />
<strong>und</strong> Ostern deutlich gestärkt. Zur Teilnahme an solchen Feiern kommen<br />
gewöhnlich Leute zusammen, die weit voneinan<strong>der</strong> wohnen <strong>und</strong> sich nur<br />
gelegentlich treffen. Die religiösen Gelegenheiten werden damit für diese<br />
Menschen, die sich in <strong>der</strong> Fremde befinden, zu einer sozialen Notwendigkeit,<br />
welcher insbeson<strong>der</strong>e in organisierten Kirchengemeinden Rechnung<br />
getragen wird.<br />
Das individuell orientierte, sozusagen praktische Bedürfnis nach dem Vollzug<br />
von bestimmten rituellen Handlungen zum einen <strong>und</strong> die dem sozialen Zusammenhalt<br />
in <strong>der</strong> Fremde zugute kommende Gemeinschaft an den religiösen<br />
Feiertagen zum an<strong>der</strong>en haben zweifelsohne die Rum-Orthodoxen <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> in Deutschland motiviert, Kirchengemeinden zu gründen. Dennoch<br />
stellt sich für den Beobachter ein weiterer, im Bewußtsein dieser Menschen<br />
tief angelegter Gr<strong>und</strong> dar, welcher sie offenk<strong>und</strong>ig in erster Linie dazu brachte,<br />
sich in Kirchengemeinden zusammenzufügen. Dieser ist die Suche nach einer<br />
neuen Heimat. Die Suche nach einer neuen Heimat war also <strong>der</strong> <strong>aus</strong>schlaggebende<br />
Gr<strong>und</strong> dafür, daß die Rum-Orthodoxen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> in Deutschland<br />
Kirchengemeinden gründeten. Diese These soll im folgenden erläutert werden.<br />
Das Problem <strong>der</strong> Identität<br />
Wie bereits angedeutet, wurde die arabische Identität <strong>der</strong> Rum-Orthodoxen in<br />
<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> infolge <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten politischen Lage <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>enen<br />
kulturellen Maßnahmen weitgehend verdrängt. Sowohl die Situation, die<br />
in <strong>der</strong> Provinz Hatay durch den Anschluß an die <strong>Türkei</strong> entstanden ist, wie<br />
auch die darauf folgende Auswan<strong>der</strong>ung ins Ausland verursachten bei den<br />
Rum-Orthodoxen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> in Deutschland eine gewisse Unsicherheit bei<br />
<strong>der</strong> Bestimmung ihrer Identität. Dies zeigt sich daran, daß sie auf die Frage, ob<br />
sie Araber, Türken o<strong>der</strong> Deutsche seien, völlig unterschiedliche Antworten<br />
geben, die sich wie folgt beschreiben lassen:<br />
-Die älteren Gemeindemitglie<strong>der</strong>, die selbst o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Eltern den Anschluß an<br />
die <strong>Türkei</strong> unmittelbar erlebt haben, empfinden sich noch als Araber. Sie<br />
sprechen gut Arabisch, können es jedoch - mit sehr wenigen Ausnahmen -<br />
nicht lesen <strong>und</strong> schreiben. Sie identifizieren sich eindeutig als rumorthodoxe<br />
Araber <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>und</strong> verwenden die Bezeichnung "Türken"<br />
<strong>aus</strong>schließlich für die türkischen Muslime.<br />
-Die jüngere Generation <strong>der</strong>jenigen, die in Deutschland aufgewachsen <strong>und</strong> z.<br />
Z. hier berufstätig sind, können sich nicht so eindeutig wie ihre Eltern als<br />
Araber identifizieren. Viele von ihnen erklären, daß sie türkische Staatsbürger<br />
sind, insofern sie im Besitz des türkischen Reisepasses sind, Militär-