Kern und Rand. Religiöse Minderheiten aus der Türkei - Zentrum ...
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Neue Islamische Weiblichkeit als Alternative<br />
Abwesenheit <strong>der</strong> Mutter zu erklären ist. Die Häufigkeit läßt auf strukturelle<br />
Zusammenhänge schließen. Erfahrungen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Biographieforschung weisen<br />
darauf, daß in den Erzählungen Spätadoleszenter Schule, Ausbildung <strong>und</strong><br />
Zukunftsentwürfe einen breiten Raum einnehmen, weil sie das zentrale Erlebnisfeld<br />
<strong>aus</strong>machen. An<strong>der</strong>erseits erfolgt bereits die "Selbstdefinition (in) eine(r)<br />
historischen Dimension" durch die Reflexion des Elternh<strong>aus</strong>es als Teil <strong>der</strong><br />
biographischen Entwicklung (Rosenthal 1995: 136f.) In den meisten Erzählungen<br />
<strong>der</strong> jungen bikulturellen islamischen Frauen liegt das Schwergewicht<br />
eindeutig auf <strong>der</strong> Schule. Die Erfolge, die sie hier erringen sind die Basis ihres<br />
Selbstes - ganz eng verb<strong>und</strong>en mit <strong>der</strong> Ambivalenz von Gleichheit, individuell<br />
erringbar durch die Bewährung im universalistischen System, <strong>und</strong> Ungleichheit,<br />
stets vorhanden <strong>und</strong> reproduziert durch das Minus <strong>der</strong> Abstammung (Bhabha<br />
1994).<br />
Der institutionelle Nexus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Klassennexus (Gast-Arbeiter) sind nicht nur<br />
organisierende Kräfte zur Definition des Selbst, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Eltern. Sie<br />
liefern die vergleichenden Kriterien <strong>der</strong> Bewertung <strong>und</strong> Affirmation. Sie machen<br />
die Mutter zur Ikone des sozialen Ranges. In ihr, <strong>der</strong> Repräsentantin<br />
klassenspezifischer Weiblichkeit, verdichten <strong>und</strong> konkretisieren sich die symbolischen<br />
Klassen<strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>setzungen (Elias 1976/78; Bourdieu 1982; Theweleit<br />
1980). Die Orientierung am Universalismus überlagert die ganz persönliche<br />
Einstellung zu <strong>und</strong> die Interaktion mit den Müttern. Sie läßt sie in den biographischen<br />
ich-zentrierten <strong>und</strong> aufstiegsorientierten Erzählungen bedeutungslos für<br />
die eigene Person, unproduktiv, bisweilen auch kontraproduktiv für die<br />
Entwicklung erscheinen. Als Hauptcharakterisierung taucht zumeist die Bemerkung<br />
auf: "sie ist eben traditionell", oft erläutert mit Zusatz "sie tut eben was<br />
mein Vater sagt". Das bedeutet, daß sie im Licht des Universalismus nicht gut<br />
funktioniert o<strong>der</strong> "kein gutes Bild" abgibt. Sie wird als Anhängsel des Vaters,<br />
<strong>der</strong> als Manager nach außen fungiert <strong>und</strong> die Positionen <strong>und</strong> Geschicke <strong>der</strong><br />
Familienmitglie<strong>der</strong> zunächst wesentlich kanalisiert, gesehen: Er holt Ehefrau <strong>und</strong><br />
Kin<strong>der</strong> nach Deutschland. Er versorgt die Kin<strong>der</strong> mit Bildungschancen, weiß die<br />
Leistungen zu würdigen, gibt hilfreiche Hinweise für die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
"draußen" mit <strong>der</strong> sozialen Umwelt. Er hat formierenden Anteil an <strong>der</strong> eigenen<br />
persönlichen Entwicklung, die von den jungen Frauen immer im<br />
gesellschaftlichen Horizont reflektiert wird. Die Mütter haben auf dieser<br />
Bewertungsgr<strong>und</strong>lage in <strong>der</strong> Regel keinen Anteil. Zumeist Analphabetinnen, die<br />
nie eine Schule von innen gesehen haben, die die deutsche Sprache kaum<br />
ansatzweise beherrschen <strong>und</strong> somit isoliert sind, stehen sie neben den Bildungskarrieren<br />
<strong>der</strong> Töchter. Ihr Wirkungskreis, <strong>der</strong> H<strong>aus</strong>halt (<strong>und</strong> zuweilen die Fabrik<br />
o<strong>der</strong> Putzkolonne, in <strong>der</strong> sie "hinzuverdienen"), gilt für die eigene<br />
Bildungskarriere bzw. soziale Integration als unwesentlich. Ihre sozialen <strong>und</strong><br />
sozialisierenden Kompetenzen erscheinen im bikulturellen Kontext als völlig<br />
unzulänglich, weil die Lebenswelten zunehmend divergieren. Ihre Anleitung zur<br />
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