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pdf-Version - Klaus Kunze

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durch den freien Kampf der Meinungen die "Wahrheit" entstehen soll als die<br />

sich aus dem Wettbewerb von selbst ergebende Harmonie. Diese ursprüngliche<br />

Funktion haben sie allerdings im real existierenden Parlamentarismus vollständig<br />

eingebüßt. Nur der bürgerliche Rechtsstaat mit seinen Freiheiten verhindert,<br />

daß Demokratie jakobinisch wird. Seine konsequente Durchführung durch den<br />

Vorrang der Individualrechte verhindert die konsequente Durchführung des<br />

demokratischen politischen Formprinzips 369 und verleiht so dem an sich<br />

totalitären Demokratiekonzept ein "menschliches Antlitz." 370 Im heutigen Parlamentarismus<br />

gewinnen die Grundrechte zunehmend Bedeutung als Abwehrrechte<br />

gegen als staatliche Macht kostümierte Parteiwillkür. Nur ein neutraler<br />

Rechtsstaat mit garantierten Bürgerrechten kann uns heute noch vor dem Jakobinismus<br />

der richtigen Bewußtseins und den Herrschaftstechniken der an die<br />

Macht gekommenen früheren Apologeten des herrschaftsfreien Diskurses<br />

schützen.<br />

Wenn also die Menschenrechte weder Begriffsmerkmal der Demokratie<br />

noch des Parlamentarismus, sondern diesen nur aufgepfropft sind: Warum<br />

sollen sie nicht auch andere Staatsformen und darüber hinaus jede organisierte<br />

Macht erst veredeln und erträglich machen können? So bereitet weder begrifflich<br />

noch tatsächlich die Vorstellung einer konstitutionellen Monarchie, einer<br />

Aristokratie oder einer nicht absolut parlamentsbeherrschten Republik mit Bürger-<br />

und Freiheitsrechten gedankliche Schwierigkeiten. Die Notwendigkeit dieser<br />

Rechte folgt nämlich aus vorstaatlichen Wertentscheidungen, deren Richtigkeit<br />

in vielen System gültig bleibt: Sie sind daher auch objektive Ordnungsprinzipien<br />

für die von ihnen geschützten liberalen Wertgegenstände wie<br />

Ehe, Familien, Presse und Eigentum 371 und als solche ein notwendiges Element<br />

und Mittel zur Integration des Staates. In diesem Sinne ist Freiheit nicht als<br />

schrankenlose Libertinage zu verstehen, sondern als "Freiheit zur Realisierung<br />

der durch die Grundrechte ausgedrückten Wertvorstellungen." 372 Diese Wertentscheidungen<br />

sind auch anderen Wertordnungen eigen und unabhängig von<br />

der Staats- und Regierungsform. "Mit Hilfe der bürgerlichen Freiheit kann also<br />

jeder Staat, ohne Rücksicht auf seine Staats- oder Regierungsform, in der Aus-<br />

369 Carl Schmitt, Verfassungslehre, S.201.<br />

370 Ebenso Herzog, M.-D.-H, Art.20 GG, Abschn.I, Rdn.40 ff..<br />

371 "Institutionelle Grundrechtstheorie"; vgl. Carl Schmitt, Verfassungslehre, S.170 f.; Erwin<br />

Stein, a.a.O. S.89.<br />

372 "Werttheorie der Grundrechte" des Bundesverfassungsgerichts unter dem Einfluß Rudolf<br />

Smends; vgl. Erwin Stein a.a.O.; BVerfG E 7, 204 f. (215); 21, 371.

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