pdf-Version - Klaus Kunze
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politisch hart attackiere; woraus geschlossen werden müsse, daß die Partei den<br />
demokratischen Verfassungsstaat bekämpfe.<br />
Schon Proudhon hatte beobachtet, daß die Volksvertreter, sobald sie in den<br />
Besitz der Macht gelangt sind, sofort ihre Macht stärken, ausbauen und ihre<br />
Stellung unaufhörlich mit neuen Schutzmaßregeln zu umgeben suchen, um sich<br />
endlich von der populären Botmäßigkeit gänzlich zu befreien. 264 Theophrast<br />
bemerkte, der größte Ehrgeiz der die höchsten Stellen im Volksstaate einnehmenden<br />
Männer bestehe nicht so sehr in der Sucht nach Gewinn und Bereicherung,<br />
als vielmehr darin, auf Kosten der Souveränität des Volkes allmählich<br />
eine eigene zu gründen. 265 Jede einmal in den Besitz der Macht gelangte<br />
Gruppe neigt dazu, diese festhalten zu wollen. Im Zeitalter der Demokratie<br />
sprechen und kämpfen alle Faktoren des öffentlichen Lebens im Namen der<br />
Gesamtheit. Alle Gruppen, welche die Macht festzuhalten suchen, berufen sich<br />
zu ihrer Eigenlegitimation auf deren angebliches Wohl. 266 Jede Partei sucht<br />
sich des Staates zu bemächtigen und sich für das Allgemeine auszugeben. 267<br />
Vor allem, wenn sie als Abgeordnete in einer demokratischen Legislative<br />
sitzen, bilden sie sich manchmal ein, sie selbst seien das Volk. 268 Begrifflich<br />
bedeutet diese Identifizierung von Regierung und Partei den reinen, nach dem<br />
BVerfG 269 verfassungswidrigen Parteienstaat.<br />
Im Gesetzgebungsstaat kanalisiert die Verfassung den Zugang zur Macht:<br />
Sie fällt demjenigen zu, der sie gemacht hat und die Mittel besitzt, verbindlich<br />
zu definieren, wie sie zu verstehen, und vor allem: wer ihre Feinde sind. 270 So<br />
haben die Parteien mit dem Grundgesetz, flankierenden Parteien- und Wahlgesetzen<br />
sowie der Judikatur des politischen: des Bundesverfassungsgerichts, eine<br />
ihnen auf den Leib geschneiderte Herrschaftsordnung errichtet. Herrschaft des<br />
Rechts, ihres Rechts, bedeutet aber nichts anderes als die Legitimierung eines<br />
jeweiligen Status quo, an dem diejenigen Parteien und Personen ein Interesse<br />
haben, welche die Rechtsnormen gesetzt haben und deren Machtstellung sich in<br />
ihnen stabilisiert. 271<br />
264 Proudhon (1809-1865), Les confessions d'un révolutionnaire, S.286.<br />
265 La Bruyère, Caractères, suivis des caractères de Théophraste, S.381.<br />
266 Michels, Soziologie, S.17.<br />
267 Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, S.37.<br />
268 Hamilton, Die Federalist-Artikel, S.435.<br />
269 BVerfG E 20, 56 f., 101.<br />
270 Mohler, Liberalenbeschimpfung, S.137.<br />
271 Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, S.66, nach Thomas Hobbes.