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pdf-Version - Klaus Kunze

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die Kindergartenplätze verfügen. Den Weg in ein staatliches Arbeits- und Wohnungswesen<br />

wird aber in Deutschland nach den Erfahrungen in er DDR sicherlich<br />

keine Mehrheit wieder zurückgehen wollen.<br />

Die Bonner Republik leidet bereits heute an einem strukturellen Mangel<br />

ihrer Führungsschicht an Gemeinwohlorientierung; diese Elite ist selbstreferentiell<br />

auf ihre Machterhaltung fixiert, und darum ist das ganze System nicht flexibel<br />

genug für die heute schon sichtbaren Problemfelder der nächsten Jahrzehnte.<br />

Der von der Linken angestrebte Systemwandel würde diese Mängel verschlimmern<br />

statt beheben: Minderheitenbevorzugung statt Gemeinwohlorientierung<br />

schafft eine tendenziell instabile politische Lage und kann die Probleme<br />

des Ganzen schon vom gedanklichen Ansatz her nicht lösen. Die Linke ist nach<br />

ihrem eigenen Selbstverständnis immer Partei, nie Walterin des Gemeinwohls,<br />

und zwar Partei der jeweils Unterlegenen, Schwächeren, Unterprivilegierten<br />

oder "Ausgebeuteten". Der Emanzipation dieser Menschen gilt ihre Hauptsorge<br />

sowie dem, was sie unter Gleichberechtigung versteht. Im Besitz des Staates<br />

wird sie seine Machtmittel immer für ihre Klientel gegen die aus ihrer Sicht<br />

Privilegierten wenden. Darin erschöpft sich ihr Wollen; hier liegen die Grenzen<br />

ihrer Kompetenz.<br />

Aber gibt es dieses hier oft bemühte Ganze überhaupt? Über den Realitätsgehalt<br />

von Gattungsbezeichnungen und Oberbegriffen läßt sich trefflich streiten:<br />

Ist "das deutsche Volk" eine reale, personal und zahlenmäßig abgrenzbare,<br />

tatsächlich existente Größe? Oder ist "Volk" nur ein stimmlicher Hauch, nichts<br />

als ein leeres Wort, eine Schablone des Verstandes; und sind nur alle<br />

konkreten, faßbaren Einzelmitglieder dieses Volkes wirklich real?<br />

Für wie real man solche Kollektivbezeichnungen hält, ist nicht nur eine allgemein<br />

erkenntnistheoretische, sondern auch eine Frage der subjektiven Wahrnehmung<br />

und damit des persönlichen Standortes. Ohne vorherige abstrahierende<br />

Entscheidung, was als konkret zu gelten habe, ist eine Aussage nicht möglich,<br />

etwas Bestimmtes sei konkret. Letztlich entscheiden Machtbedürfnisse die<br />

Frage, was in politicis als abstrakt und was als konkret jeweils zu gelten hat. 461<br />

Dem Familienvater ist seine Familie eine höchst reale Sache, und analog zu ihr<br />

mag er seine Sippe, seinen Stamm und das ganze Volk für reale Größen halten.<br />

Mit seiner Frau verbindet ihn unendlich mehr, als er sich an Gemeinsamkeiten<br />

zwischen ihr und allen anderen Frauen vorstellen kann. "Frauenfragen",<br />

womöglich gemeinsame Interessen "aller Frauen", übersteigen sein Vorstellungsvermögen.<br />

Sein Ordnungsdenken bewegt sich gewissermaßen in verti-<br />

461 Ebenso Kondylis, Konservativismus, S.19.

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