pdf-Version - Klaus Kunze
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tun und ist darum beliebig kombinierbar. 20 So bleibt das Volk Träger der<br />
Staatsgewalt und bleibt die Staatsform eine Demokratie auch dann, wenn das<br />
Volk sich einen König wählt, also der monarchischen Regierungsform bedient.<br />
Das spezifisch Demokratische unserer Staatsform liegt darin, daß nicht ein<br />
König, sondern das Volk berechtigt ist, die konstituierende Gewalt auszuüben.<br />
21 Deshalb liegt unserer parlamentarischen Republik die Demokratie als<br />
Staatsform zugrunde. Ihre Verfassung rechtfertigt sich aus der stillschweigenden<br />
tätigen Zustimmung des Volkes zu ihren Institutionen und Verfahrensweisen:<br />
Die Mehrheit der Bürger bekundet diese Zustimmung an Wahltagen, indem<br />
sie den die Verfassung stützenden Parteien ihre Stimme gibt. Dagegen<br />
wendet das Grundgesetz nicht die demokratische Regierungsform an. Wie wir<br />
gesehen hatten, ist das gegenwärtig technisch undurchführbar. Deutschland ist<br />
heute der Regierungsform nach ein demokratischer Parlamentarismus, nicht<br />
aber eine parlamentarische Demokratie. Für sein Verständnis ist unerläßlich,<br />
die demokratischen und die liberalen Elemente auseinanderzuhalten. Demokratisch<br />
ist die Staatsform, liberal ist dagegen die Regierungsform der parlamentarischen<br />
Stellvertreterherrschaft, und liberal ist das rechtsstaatliche Element.<br />
Noch vor einigen Jahren war die Bonner Staatsdoktrin bescheiden. Zu ihrer<br />
Rechtfertigung berief sie sich gern auf einen Churchill zugeschriebenen Satz,<br />
nach dem die parlamentarische Regierungsform zwar eine denkbar schlechte sei<br />
- indessen sei auch gerade keine bessere zur Hand. Heute ist von solcher Bescheidenheit<br />
nichts mehr zu spüren. Je offensichtlicher die Mängel des Systems<br />
22 werden, je mehr Bürger sich von den Parteien abwenden, desto impertinenter<br />
stilisieren diese sich hoch zu alleinigen Vertretern der reinen demokratischen<br />
Lehre. Es greift ein Zungenschlag um sich, nach dem die Würde der Demokratie<br />
verteidigt werden oder befreundeten Demokratien geholfen werden<br />
muß. Diesem Verfassungspatriotismus stehen nicht mehr Menschen im Vordergrund,<br />
die allein eine Würde haben können, sondern ein System. Er ist demzufolge<br />
nicht primär human, sondern ideologisch. Das Nachbarvolk, die lebendigen<br />
Menschen, geraten aus dem Blickfeld. Ähnlichkeiten der innenpolitischen<br />
Spielregeln sind Grund genug für Millionenzahlungen. Nicht Litauern<br />
oder Kroaten sollen wir nach dieser Meinung helfen, nein: Jungen Demokratien<br />
20 Bodin, Six Livres, Buch II, insbesondere 1. Kapitel.<br />
21 Carl Schmitt, Verfassungslehre, S.25.<br />
22 "Mängel des eigenen Systems", so Arnim, FAZ 27.11.1993.<br />
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