pdf-Version - Klaus Kunze
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mentarisch beschlossenen Gesetz steht aber der Volksentscheid nach Art.78. 630<br />
Die praktische Funktion solcher direktdemokratischer Elemente steht und fällt<br />
mit der Höhe des Quorums. Soweit auch in westlichen Bundesländern seit<br />
Jahren in der Verfassungstheorie Volksbegehren zulässig waren, blockte sie ein<br />
zu hohes Quorum schon im Vorfeld politischer Organisation ab. "Das Volk ist<br />
eben insgesamt nicht handlungsfähig; vielmehr müssen immer wieder aus dem<br />
Volk kleine, den Etablierten widersetzliche Gruppen emporsteigen, die nicht<br />
die Medien auf ihrer Seite haben und daher nicht von vornherein z.B. 20% der<br />
Wählerstimmen für ein Volksbegehren mobilisieren können." 631 So kann man<br />
demokratische Offenheit vortäuschen und sich durch ein zu hohes Quorum<br />
doch des ungestörten Genusses oligarchischer Macht völlig sicher sein.<br />
Wenn es nicht gelingt, diese Ruhe und Sicherheit der Etablierten nachhaltig<br />
durch demokratische Unruhe und systemüberwindende Reformen zu stören,<br />
wird die Kluft zwischen Volk und Parteien immer mehr zunehmen, die sich bereits<br />
heute in laufenden dramatischen Einbußen der Etablierten bei allen<br />
Wahlen zeigt. "Auch den demokratischen Parteien könnte passieren, was den<br />
autoritären Parteiregimen im Osten passierte. Die illegitime Macht könnte ihnen<br />
eines Tages unter den Händen zerbröckeln." 632 Weitere Teile des Volkes<br />
werden sich fragen, ob es in unserem Lande noch eine wirkliche Chance gibt,<br />
die im Bundestag seit Jahrzehnten regierenden Großparteien abzulösen. Wenn<br />
diese ihre Macht weiter abschotten, wächst die von Carl Schmitt aufgewiesene<br />
Gefahr unfriedlicher Ausbrüche. Wenn dem Volk nicht die nötigen Äußerungsformen<br />
zugestanden würden, wächst die Gefahr, daß die zunehmende und<br />
berechtigte Unzufriedenheit sich unkontrolliert Bahn bricht. 633 Der einzige<br />
Grund für eine Opposition, sich im Streben zur Regierungsverantwortung bürgerkriegsähnlicher<br />
Methoden zu enthalten, ist nämlich das wirkliche Bestehen<br />
der legalen Chance friedlicher Machtgewinnung. 634 Wo der Staat von einer<br />
formierten gesellschaftlichen Gruppe erobert ist und den anderen Gruppen den<br />
inneren Frieden verweigert, entfällt für diese jeder rechtfertigende Grund, sich<br />
einer solchen Parteiräson zu beugen und ihrerseits den inneren Frieden zu<br />
630 Hier ist es für das Verständnis des Grundsätzlichen nicht erforderlich, auf kritikwürdige Einzelheiten<br />
der Art.75-81 BrandVerf einzugehen. Dazu siehe Friedrich Karl Fromme, Staatsziele<br />
und Grundrechte bunt durcheinander, FAZ 12.6.1992.<br />
631 Thomas Mayer, ZRP 1993, S.330 ff.,331 mit weiteren Nachweisen.<br />
632 Lothar Orzechowski, Die Beute, in: Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, 5.3.1992.<br />
633 Arnim, Hat die Demokratie Zukunft? FAZ 27.11.1993.<br />
634 Carl Schmitt, Legalität und Legitimität, S.30 ff. (34).