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pdf-Version - Klaus Kunze

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Wohle des Ganzen zusammenzufassen. Alle antistaatlichen Kräfte entsprangen<br />

dem Widerstand der Stände und Partikularinteressen, sich staatlich inkorporieren<br />

zu lassen. 492 Im nachhinein betrachtet lassen diese Kräfte sich sozialhistorisch<br />

in der Schicht der adligen Grundherren als Inhaber von Regalien<br />

und Privilegien fassen und ideologiegeschichtlich unter dem Begriff des historischen<br />

Konservativismus verorten. Ihre Träger waren die eingeschworenen Gegner<br />

einer Trennung von Staat und Gesellschaft, weil diese ihre Machtstellung<br />

beseitigte, deren letzte metaphysische Legitimation auf einer gottgewollten sozialen<br />

Hierarchie beruhte. Dabei nahmen die feudalen Standesherren für sich in<br />

Anspruch, die berufenen Interpreten von Gottes Willen zu sein. 493 Diese gesellschaftlichen<br />

Kräfte hatte der Staat auf dem Höhepunkt des historischen Etatismus<br />

vorübergehend gebändigt und sich als adäquate politische Einheit der Neuzeit<br />

etabliert. Das bedeutete konkret, den Adel zu Staatsdienern zu erhöhen und<br />

seine Treue auf das Gemeinwohl in Gestalt des Staates zu beziehen, nicht: Adlige<br />

zu Höflingen zu erniedrigen. Alsbald setzte unter dem Einfluß soziologischer<br />

Gesetzmäßigkeiten, die mit dem ehernen Gesetz der Oligarchisierung<br />

treffend beschrieben worden sind, die Gegenbewegung ein, in deren Endphase<br />

wir uns heute befinden. Der Staat ist von seinem Anbeginn an von den partikularen<br />

Kräften in Frage gestellt worden, die ihn schließlich zur Strecke brachten.<br />

So resignierte Carl Schmitt: "Die Epoche der Staatlichkeit geht jetzt zu Ende.<br />

Darüber ist kein Wort mehr zu verlieren." 494<br />

Angesichts der gegenwärtigen Verschmelzung von Staat und Gesellschaft<br />

und dem Unterworfensein des einzelnen unter ein Amalgam gesellschaftlichparteiischer<br />

Gewalten, die sich mit staatlichen Machtmitteln bewaffnet haben,<br />

stellt sich immer dringlicher die Frage, von woher die zur Totalität driftende<br />

Staatsgesellschaft, jenes selbstreferentielle Feudalsystem, aufgebrochen werden<br />

kann. Es bedarf dazu eines archimedischen Punktes, 495 und wer den Staat als<br />

neutrale Gewalt über den gesellschaftlichen Kräften verwirft oder für historisch<br />

überholt ansieht, soll erst einmal einen anderen Ansatzpunkt für den Hebel einer<br />

Gegengewalt suchen und finden. Aus dem Parteienwesen selbst heraus sind<br />

die Kräfte für eine Remedur nicht zu gewinnen. 496<br />

492 Sander, Staatsbriefe 3/1992, S.31.<br />

493 So die zentralen Thesen von Kondylis, Konservativismus.<br />

494 Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, S.10.<br />

495 Sander, Staatsbriefe 3/1992, S.31.<br />

496 Scheuch, Interview in Europa vorn 15.3.1991; Arnim, Ein demokratischer Urknall, S.35: nur<br />

an den Parteien und Parlamenten vorbei; Sander a.a.O.

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