pdf-Version - Klaus Kunze
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Gleiche und Gleichheitsfähige zu akzeptieren. Denn warum sonst sollte in einer<br />
Demokratie die überstimmte Mehrheit bereit sein, sich dem Willen der<br />
Mehrheit freiwillig zu unterwerfen, wenn nicht deshalb, weil sie im Kern eben<br />
doch damit übereinstimmt? Wo es aber an dieser prinzipiellen Übereinstimmung<br />
fehlt, ist die Demokratie nichts anderes als eine Diktatur der jeweiligen<br />
Mehrheit; über diesen Zusammenhang wird sich jedenfalls die Minderheit<br />
niemals täuschen lassen." 305<br />
Die Chancengleichheit scheitert heute schon an den durch die Altparteien<br />
geschaffenen Strukturen der staatlichen Parteienfinanzierung. Erst am 9.4.1992<br />
rügte das BVerfG 306 die Parlamentsparteien hätten "im Vergleich zu den an der<br />
Sperrklausel gescheiterten Parteien größere Chancen, sich im Blick auf künftige<br />
Wahlen dem Wähler darzustellen und für ihre Ziele zu werben." Weil sich dies<br />
auf Mitgliederzugang und Spendenaufkommen auswirke, müsse der Gesetzgeber<br />
den nicht im Bundestag vertretenen Parteien bei der Berechnung der Staatsquote<br />
einen Ausgleich schaffen und ihren Wahlerfolg stärker gewichten als die<br />
bisherige Parteienfinanzierung.<br />
Zur Chancengleichheit für neue Parteien fehlt aber nicht nur die Gleichbehandlung<br />
bei der ohnehin fragwürdigen Staatsfinanzierung der Parteien und ihrer<br />
Wahlkämpfe. Direkt und gravierend verfassungswidrig wird gegen die<br />
Chancengleichheit verstoßen, wo die Parteien alle verfügbaren staatlichen und<br />
halbstaatlichen Mittel zur Niederhaltung aufkommender Konkurrenz mißbrauchen.<br />
Das Beispiel verschiedener rechter Parteien, wie auch immer man zu ihnen<br />
sonst stehen mag, hat gezeigt, wie neue Parteien gegen geltendes Recht in<br />
Hunderten von Fällen flächendeckend von CDU- und SPD-parteifrommen<br />
Stadtverwaltungen bewußt rechtswidrig 307 an der Nutzung öffentlicher Hallen<br />
und Versammlungsstätten gehindert und wie sie von Parteibuchbürokraten, teilweise<br />
wider besseres Wissen, als verfassungsfeindlich oder extremistisch verunglimpft<br />
und auf das übelste beschimpft werden. Einen Höhepunkt erreichten<br />
305 Braun, JuS 1994,727, 730.<br />
306 BVerfG Urteil v.9.4.1992, NJW 1992, 2545 f.<br />
307 So wies das Niedersächsische OVG (Beschluß v. 24.1.1994 -10 M 457/94-) nach Einsicht in<br />
die Akten der Stadt Salzgitter nach, daß deren Rechtsamt dem Schulverwaltungsamt gutachtlich<br />
den Nutzungsanspruch einer Partei für den Wahlkampfauftritt ihres Vorsitzenden in einer Aula<br />
bestätigt hatte. Dennoch mußte die Stadt erst gerichtlich gezwungen werden, ihre Räume der<br />
Partei zu öffnen. Während der laufenden Veranstaltung mischte sich Stadtdirektor Lohoff Zeugen<br />
zufolge unter steinewerfende Autonome, die gegen die Aula anstürmten und hohen Sachschaden<br />
anrichteten. Später verlangte er von der Partei, deren Mitglieder sich friedlich versammelt<br />
hatten, Schadensersatz für seine zerbrochenen Fensterscheiben.