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pdf-Version - Klaus Kunze

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verhältnisse dar. 540 Dabei stabilisieren sich jeweils die Machtpositionen der<br />

Etablierten in konkreten Verfassungsgesetzen; diese Gesetze erhalten die<br />

Macht usw. Das Perpetuum mobile des selbstreferentiellen Systems scheint perfekt;<br />

aber gerade dieser perfekte Kreislauf von sich in den Verfassungsgesetzen<br />

stetig selbst stabilisierender Macht relativ kleiner Einflußgruppen provoziert<br />

die Frage, von welchem Punkt aus der Kreislauf durchbrochen werden kann.<br />

Die Alternativen wären einerseits die Hoffnung, die herrschenden Machteliten<br />

könnten auf irgendeinem Wege veranlaßt werden, "freiwillig" die sie stützenden<br />

Verfassungsregeln durch andere zu ersetzen und so das geschlossene System<br />

zu öffnen, oder andererseits der Gedanke: Trotz der entgegenstehenden<br />

Spielregeln könnte eine Systemopposition vom Volke als Bundestagsmehrheit<br />

gewählt werden.<br />

Wo liegt nun von Verfassungs wegen das Haupthindernis für unser strategisches<br />

Ziel? Was muß von Verfassungs wegen geändert werden? Was wollen<br />

wir als unverzichtbar erhalten? Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten<br />

hatten wir den Parlamentarismus und den Parteienstaat, soziologisch das Feudalsystem<br />

als Basis für den Machterhalt des Bonner Establishments ausgemacht<br />

und alle diese Phänomene letztlich aus ins Extreme übersteigertem Liberalismus<br />

abgeleitet. Wenn wir davon ausgehen dürfen, daß faktische Machtverhältnisse<br />

schwerer zu kippen sind als Verfassungsregeln und daß die Macht<br />

letztlich demjenigen zufällt, der zu seinen Gunsten die Spielregeln verändern<br />

kann, müssen wir den verfassungsrechtlichen Kern des Parlamentarismus<br />

suchen und verändern. Dieser besteht in der bekannten Stufenleiter des<br />

Repräsentationsprinzips: Das Volk wählt Abgeordnete als seine Repräsentanten,<br />

und diese wählen ihrerseits einen Kanzler als Regierungschef. So ist das<br />

Parlament funktional ein Ausschuß des Volkes und die Regierung einer des<br />

Parlaments. "Das parlamentarische Prinzip betrachtet das Ministerium als geschäftsführenden,<br />

wenn auch nicht notwendig aus ihrem Schoß hervorgegangenen<br />

Ausschuß der Volksvertretung." 541 Das Verfassungsrecht hat dafür den<br />

Begriff des parlamentarischen Regierungssystems im Gegensatz zum weiter gefaßten<br />

Begriff der parlamentarischen Demokratie gebildet. 542 Im Grunde ist es<br />

eine Art Rätesystem, nur ohne permanente Abwählbarkeit und - de jure - ohne<br />

imperatives Mandat.<br />

540 Vgl.auch <strong>Kunze</strong>, Wege aus der Systemkrise.<br />

541 Giese, Kommentar zur Reichsverfassung, 2.Aufl., S.161, 191.<br />

542 Vgl. Herzog, M.-D.-H, Art.20 II. Rdn.78 f.; Arnim, Staat ohne Diener, S.323.

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