pdf-Version - Klaus Kunze
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beschränken dürfen. Die Diskussion solcher, auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer<br />
Fragen wie z.B. die nach dem Schwangerschaftsabbruch, der<br />
Übertragung von Hoheitsrechten auf Brüssel oder der Ausländereinwanderung<br />
muß von den engen Machtzirkeln der Parteien dahin verlagert werden, wohin<br />
sie gehört: ins Parlament, sofern nicht das Volk selbst zu entscheiden begehrt.<br />
Der ungeheure Ballast an minder grundsätzlichen Gesetzesvorhaben muß<br />
dagegen in größerem Umfang als bisher durch gesetzliche Verordnungsermächtigungen<br />
an die Regierungsbehörden delegiert werden, die allein die erforderliche<br />
fachjuristische Kompetenz und die quantitative Kapazität besitzen. Unbeschadet<br />
eines jederzeitigen Rückholrechts des Bundestages sollten durch Regierungsverordnung<br />
nicht nur der Straßenverkehr geregelt werden, sondern auch<br />
Materien wie die Pfändungsfreigrenzen nach der Zivilprozeßordnung, Gebührenordnungen<br />
und weite Bereiche des Verwaltungs- und Sozialrechts. Es genügt<br />
völlig, wenn der Bundestag einen Rahmen setzt, den der regierende Verordnungsgeber<br />
schnell und flexibel handhaben kann.<br />
Diese Forderungen rechtfertigen sich einerseits aus der Überlegung, daß sie<br />
bereits weitgehend dem realen Einflußverhältnis zwischen Regierungsverwaltung<br />
und Parlament entsprechen, den Bundestag aber entlasten und dort Kapazität<br />
für die wirklich für wichtig gehaltenen Entscheidungen schaffen; und<br />
andererseits aus dem unverzichtbaren Grundsatz, daß das Parlament als Normengeber<br />
über der Regierungsbürokratie steht und eine Materie jederzeit wieder<br />
an sich ziehen kann. Dasselbe Über- und Unterordnungsverhältnis muß<br />
zwischen dem Parlament und dem Volk bestehen: Wie das Parlament jederzeit<br />
der Regierung die Normsetzung entziehen können muß, so muß das Volk seinem<br />
Parlament jederzeit die Gesetzgebungsbefugnis entziehen können, wenn<br />
eine qualifizierte Menge des Volkes das begehrt. Die Zuständigkeit der Vertreters<br />
endet immer, wo der Vertretene selbst zu handeln gedenkt. Daß das Volk<br />
dieses Recht heute auf Bundesebene nicht hat, macht seine von vielen Bürgern<br />
empfundene Unmündigkeit aus und verstärkt den Eindruck, daß die abgeordneten<br />
Vertreter hier eine eigene Souveränität auf Kosten der des Volkes<br />
begründen wollen.<br />
Die Gesetzgebung der Parlamente ist also von zwei Seiten her zu beschneiden:<br />
Allfällige Routinemaßnahmen wie die Anpassung gesetzlich festliegender<br />
Zahlenwerke (z.B. Gebührenordnungen) sind in weit größerem Ausmaß als<br />
bisher auf die Regierung als Verordnungsgeber zu delegieren, wobei das Parlament<br />
die Normsetzung aber an sich ziehen kann, wenn es das für geboten hält.<br />
Auf der anderen Seite unterliegt das Parlament dem Recht des Volkes, das seinerseits<br />
immer begehren kann, eine Rechtsmaterie zu regeln, wenn ein ausreichend<br />
großer Teil der Öffentlichkeit die Frage für wichtig genug hält.