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pdf-Version - Klaus Kunze

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stenzfrage, 59 und darum wird er gnadenlos geführt. 60 Nach de Jouvenels<br />

bekanntem Scherzwort braucht man, nachdem man einmal Abgeordneter geworden<br />

ist, nur noch eine Sorge zu haben, nämlich Abgeordneter zu bleiben. 61<br />

Hat der Abgeordnete einen Listenplatz von seiner Partei Gnaden in der Tasche,<br />

ist die Wiederwahl meist nur noch Formsache. Was das Volk von ihm hält,<br />

kann ihm gleichgültig sein. Das Risiko des Mandatsverlusts durch eine Wahl ist<br />

mit 2%-3%, im Extremfall 5% der Abgeordneten außerordentlich gering. 62<br />

Die Eigenabsicherung auf einem sicheren Listenplatz wird nach zwei Richtungen<br />

durchgeführt. Nach innen richtet der Berufspolitiker seine Loyalität auf<br />

seine Seilschaft, allenfalls auf seine Partei aus: Ganze Personalpakete werden<br />

in kleinem Kreis informell abgesprochen und die Cliquenmitglieder darauf festgelegt,<br />

sich gegenseitig zu wählen. Nach außen wird die Wahl jedes Dritten<br />

verhindert. So berichtet Scheuch 63 von schriftlichen Verträgen einzelner Seilschaften<br />

innerhalb der Kölner CDU-Ratsfraktion mit konkurrierenden Seilschaften<br />

über die Aufteilung aller erreichbaren Mandate. Konkurrenten werden<br />

ausgebootet oder nach Absprache mit lukrativen Posten versorgt, um sie ruhigzustellen.<br />

64 Die Aufstellung von Alternativkandidaten wird möglichst durch<br />

Satzungstricks verhindert, wie beim Urteil des Hanseatischen Staatsgerichtshofs<br />

vom 4.5.1993 für Unrecht erkannt, als eine Hamburger Bürgerschaftswahl<br />

wegen undemokratischer Methoden bei der Kandidatenaufstellung der CDU für<br />

ungültig erklärt wurde.<br />

Auf Bundesebene und in einer Anzahl größerer Städte haben solche Seilschaften<br />

sich bereits zu voll ausgebildeten Feudalsystemen fortentwickelt. 65<br />

Grundlegend für jedes Feudalsystem ist der Tausch von Treue gegen Privilegien.<br />

Wer auch nur einmal ausschert, wird verstoßen. 66 Wer aber mitspielt und<br />

sich der Cliquenräson beugt, darf mit seiner Wiederaufstellung rechnen, denn<br />

59 Anonymus, in: ZRP 1988, S.62 (64).<br />

60 Scheuch, Studie, S.17<br />

61 Friedrich, Der Verfassungsstaat der Neuzeit, S.306.<br />

62 Heino Kaack, Zeitschrift Das Parlament, 1980, S.200.<br />

63 Scheuch, Cliquen, S.82 ff.<br />

64 Anonymus, in: ZRP 1988, S.62 (65).<br />

65 Scheuch, Studie S.27; ders. Cliquen S.116 ff; vgl. auch Sander, Criticón 1976, 215 über die<br />

Wiederbelebung mittelalterlicher, feudaler Strukturen im "pluralistischen" Verbändekollektivismus.<br />

66 So Scheuch a.a.O., und er schreibt daher vorsichtshalber anonym (siehe obigen "Anonymus"<br />

ZRP 88,62).<br />

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