pdf-Version - Klaus Kunze
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dueller Sinnstiftung seinem Wesen nach unfähig und nimmt nur Gesellschaften<br />
und Bevölkerungen wahr, aber keine Völker.<br />
Die Kritik am Zustand des Parteiensystems in Deutschland und Vorschläge<br />
zu seiner Veränderung werden aus Kreisen seiner grundsätzlichen Befürworter,<br />
der "Parlamentaristen", auf zwei Ebenen vorgetragen: Den machtpolitisch<br />
nicht unmittelbar interessierten Verfassungsrechtlern, Soziologen und Politologen<br />
stehen die am System nutznießenden Praktiker aus den Reihen der Parteien<br />
gegenüber. Die liberale politische Theorie erkennt die zunehmende Inkompetenz<br />
der praktischen Parlamentspolitik zur Problemlösung und sucht<br />
nach Reformstrategien. Je geeigneter dieser zur Problemlösung sind, desto weiter<br />
führen sie aber von liberalen Glaubenssätzen weg. Diese verkörpern sich im<br />
verfassungsrechtlichen Parlamentarismus im engeren Sinne. Eine Anwendung<br />
geeigneter Reformen würde aber die bewährten Notbremsen gegen den befürchteten<br />
Machtverlust loc??kern, und so werden sie von den Parlamentaristen<br />
in den tonangebenden Parteien wohlweislich nicht angerührt, für deren Aufstieg<br />
ein sicherer Machtinstinkt notwendiges Auslesekriterium war.<br />
Alle systemkonformen Verbesserungsvorschläge drehen sich um die Themenkreise<br />
Parteienfinanzierung, "Entflechtung von Staat und Parteien" und<br />
"strukturelle Erneuerung der politischen Führung". Der unmittelbare Zugriff<br />
auf Haushaltsmittel und vor allem auf die Ämtervergabe des Staates bildet die<br />
doppelte Basis der Parteienmacht. Hier setzen liberale Reformvorschläge an:<br />
Reduzierung der staatlichen Parteienfinanzierung<br />
Ein ganzer Chor von Kritikern 424 appelliert an die Parteiführer, sich in einer<br />
Art freiwilliger Selbstbescheidung auf ihre von der Verfassung zugewiesene<br />
Rolle zurückzuziehen. Dies würde nach Art.21 GG bedeuten, an der Willensbildung<br />
des Volkes nur mitzuwirken und diese nicht zu monopolisieren. Sogar<br />
Biedenkopf und Engholm fordern eine Selbstbeschränkung der Parteien zur<br />
Stärkung ihrer Akzeptanz. 425<br />
Vierhaus stellt sich tatsächlich vor, die Parteien könnten freiwillig eine drastische<br />
Reduzierung ihrer Staatsfinanzierung zulassen und eine effektive Kontrolle<br />
darüber installieren. Die Staatsfinanzierung soll auf ein verfassungskon-<br />
424 Z.B. Vierhaus, ZRP 1991, S.468 (476).<br />
425 Biedenkopf-Engholm, Gemeinsames Wort zum Vereinigungsprozeß, FAZ 5.7.1991.