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pdf-Version - Klaus Kunze

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Seine Antwort könnte nur eine politische sein und enthüllen, worum es<br />

eigentlich bei der Institution Bundesverfassungsgericht geht: Der verbale Formelkompromiß<br />

gehört zum Wesen parlamentarischer Gesetzgebungstätigkeit.<br />

Wo politische Einmütigkeit nicht erzeugt und für eine klare Lösung keine Mehrheit<br />

gefunden werden kann, schiebt man gern die sachliche Entscheidung<br />

durch eine unklare Formulierung hinaus und läßt so die politische Entscheidung<br />

offen. Hier ist es Aufgabe der in das "Verfassungsgericht" entsandten Parteienvertreter,<br />

in justizförmigem Gewand die eigentliche politische Entscheidung<br />

zu treffen. "Hier Rechtsfragen von politischen Fragen zu trennen und anzunehmen,<br />

eine staatsrechtliche Angelegenheit lasse sich entpolitisieren, [...] ist eine<br />

trübe Fiktion." 275<br />

Die umfassende Definitionsmacht der Bonner Parteien und ihrer im Verfassungsgericht<br />

sitzenden Angehörigen über die Verfassungsnormen birgt für Außenseiter<br />

die Gefahr, von Rechts wegen politisch entrechtet werden zu können:<br />

Nach Art.18 GG "verwirkt" die Grundrechte, wer sie zum Kampf gegen die<br />

freiheitliche demokratische Grundordnung (FdGO) "mißbraucht". Dementsprechend<br />

können Vereinigungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung<br />

richten, nach Art.9, und Parteien, die nach ihren tatsächlichen Zielen oder auch<br />

nur nach dem Verhalten ihrer Anhänger (!) darauf ausgehen, die FdGO zu<br />

beeinträchtigen (!), nach Art.21 verboten werden. Während diese Sanktionen<br />

gegenüber Einzelpersonen und Parteien nur durch das BVerfG ausgesprochen<br />

werden können, genügt für ein Verbot anderer Vereinigungen ein Verwaltungsakt,<br />

gegen den immerhin noch gerichtlicher Schutz angerufen werden kann.<br />

Verfassungsschutz oder Parteienschutz?<br />

Hauptinstrument des Parteienkartells ist aber der Verfassungsschutz. Als<br />

Schild und Schwert des Parteienstaates fällt ihm die Aufgabe zu, schon im Vorfeld<br />

von Parteigründungen filternd zu wirken und vorsichtige Naturen wie Beamte<br />

fernzuhalten ("Sie wissen doch, als Beamter kann ich mir das nicht erlauben...").<br />

Allein die Möglichkeit der nachrichtendienstlichen Bespitzelung erzeugt<br />

ein Klima der Einschüchterung. Indem man den Bereich der verdächtigen,<br />

"verfassungsfeindlichen" Äußerungen lange bewußt unscharf ließ, wußte<br />

niemand so recht, ob er noch die erlaubte Gesinnung hatte oder als "Radikaler"<br />

275 Carl Schmitt, Verfassungslehre, S.118.

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