pdf-Version - Klaus Kunze
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enfinanzierung, Lügen, Korruption etc.... Aber Lüge und Korruption und 'nichts<br />
als Geld' sind doch schon längst Volkssport geworden. Die BRD wird peu a peu<br />
ein orientalisiertes Land, weil die staatlichen Strukturen nicht mehr funktionieren,<br />
weil es, bis rauf in die Bürokratie, kein Staatsethos mehr gibt. Die vollkommene<br />
Demokratie, das ist die Universalisierung des Schweinchen Schlau, und<br />
die haben wir doch. Und deshalb verpufft der Unmut über die "politische<br />
Klasse" so rasch. Die Leute haben oft eine Ahnung davon, daß sie sich ganz genauso<br />
verhalten würden, genauso von partikularen Interessen determiniert." 570<br />
Eine andere Idee, den Motor notwendiger Veränderung wieder anzuwerfen,<br />
hat Günter Maschke aber auch nicht. Und selbst wenn eine Mehrheit "Panem et<br />
circenses" rufen und Rudi Carell zum Kanzler wählen würde, gilt doch: Wenn<br />
man ganz unten ist, kann es eigentlich nur noch aufwärts gehen. Gegenüber der<br />
Notwendigkeit, daß sich erst einmal überhaupt etwas bewegt, muß Maschkes<br />
berechtigter Einwand als zweitrangig zurückstehen. Verkehrt man alle Begriffe<br />
seiner Kritik in ihr Gegenteil, spürt man hinter seinem Abscheu gegenüber dem<br />
jetzigen Zustand der Gesellschaft die positive Vision eines hohen, das Allgemeinwohl<br />
einfordernden Staatsethos durchschimmern: Maschkes Sehnsucht<br />
nach einer besseren Welt - vielleicht eines idealen Staates. Die alles entscheidende<br />
Frage aber, wie er dorthin kommen möchte, läßt er unbeantwortet.<br />
Bekanntlich gelangt man erst durch Mühe zu den Sternen, manchmal vielleicht<br />
auch auf Umwegen. Auf die Jakobinerdiktatur von 1792 war schließlich<br />
auch nicht sofort Napoleon gefolgt. Erst hatte der Pöbel sich einmal kräftig austoben<br />
müssen. Erst hatte Frankreich durch das Tal der Tränen und der<br />
Ochlokratie gemußt, bis Überdruß am Guillotinieren und Erschöpfung die<br />
überlebenden Revolutionäre einsehen ließen, daß ein bestimmtes Maß an überparteilicher,<br />
ordnender Staatlichkeit zum Vorteil Aller wäre. Dieser Einsicht<br />
folgte ein qualitativer Sprung: Dieselben Massen, die noch die Bastille gestürmt,<br />
den König geköpft und die Fahne der Gleichheit über Europas<br />
Schlachtfelder getragen hatten, wählten Napoleon 1799 mit 3 Millionen gegen<br />
1562 Stimmen und erneut 1802 zum Alleinherrscher auf Lebenszeit. Statt<br />
"Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" schallte "Vive le empereur!" durch Frankreichs<br />
Straßen.<br />
Hinter diesen nur scheinbar paradoxen Vorgängen stehen allgemein gültige<br />
Gesetzmäßigkeiten. Vom Kreislauf der Staatsformen waren schon Aristoteles<br />
570 Günter Maschke, Interview in der Jungen Freiheit, 6/1991, S.3.